Freitag, 23. Mai 1997

23. Mai

"Ich glaube nicht, daß um 18 Uhr noch mal der Briefträger kommt", rief Mom aus dem Wohnzimmer. Shit, sie hatte es mitgekriegt, daß ich noch mal nachgeguckt habe. Nichts. Kein Brief von Heiko, keine Antwort. Weder in der Post noch ein Anruf. Was soll der Unsinn? Kann denn überhaupt schon eine Antwort da sein? Ich rechne nach. Ich werde wahnsinnig. Ich nehme das Telefon ab, um zu hören, ob es funktioniert. Ich versuche, mich daran zu erinnern, was ich geschrieben habe. War da etwas drin gewesen, was ihn verärgert haben könnte? Was ihn so gelangweilt hat, daß er nichts mehr mit mir zu tun haben will? So ein Shit. Was ist nur mit mir los? Wo ist der coole Tim hin? Nichts mehr da. Ich sitze zitternd auf meinem Bett, lese Heikos Brief. Nehme das Telefon, wähle die Vorwahl von Köln und lege wieder auf. Was soll ich sagen? Dann irgendwann klingelt das Telefon. Benji ist dran. Ich würde ihn ab. Sage, daß ich noch einen Anruf erwarte. Dann klingelt es wieder. Mein Herz macht jedesmal einen Sprung. Diesmal ist Max dran, fragt, ob ich Bock auf die Tofa habe heute. Nein, habe ich nicht. Ich sitze hier und bewache das Telefon. Zappe mich durch das Fernsehprogramm und kriege nichts mit.

Dann setze ich mich hin und schreibe einen Brief an Heiko: Einen Brief, in dem ich versuche, ihm alles zu erklären. Was ich fühle, was mit mir los ist. Ich habe den halben Brief fertig, da kommt mir alles so albern und kindisch vor und ich zerreisse ihn. Ich fange neu an, es wird ein kurzer Brief, eine halbe Seite. Aber es steht alles drin, was ich ihm sagen möchte. Ich klebe ihn zu. Morgen stecke ich ihn ein.

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