Samstag, 24. Mai 1997

"Heiko!"
Schweißgebadet bin ich aufgewacht, habe Heikos Namens gerufen. Mein Herz rast wie wild. Ich bekomme tatsächlich Panik. Draußen regnet es, es regnet schon den ganzen Abend. Weinend bin ich wohl eingeschlafen, mit Panik bin ich aufgewacht, kann nicht mehr einschlafen. Verdammt, was ist mit mir los, ich werde diese Panik nicht mehr los? Ich reiße das Fenster auf, halte meinen Kopf raus. Meine Tränen vermischen sich mit den Regentropfen. Triefend sitze ich auf meinem Bett, versuche einen klaren Gedanken zu fassen, versuche zu schreiben, mein Gehirn zu ordnen. Ich zittere so, daß ich kaum meine Schrift erkennen kann. Was soll denn das alles? Wo ist mein Verstand? Wo ist meine Logik. Also: Heiko ist Hunderte von Kilometern weit weg in Köln, er hat einen Freund und weiß nicht, was ich für ihm empfinde. Gibt es noch irgendwelche Fakten, die ich vergessen habe? Wobei ich weiß ja nicht, ob das letzte überhaupt Fact ist. Weiß er es tatsächlich nicht? Ahnt er es? Weiß er es vielleicht ganz genau? Ok, also, schon die beiden ersten Punkte sagen mir doch schon ganz klar, daß es nie etwas werden kann. Ja, genau eine Sekunde überzeugt mich das und dann merke ich, wie plötzlich meine Gedanken wieder abgleiten und mir jede Sekunde, die ich mit ihm zusammen war wieder ins Gedächtnis zurückkommt. Jedes Wort, jedes Lächeln. Und alles, alles bekommt für mich plötzlich eine magische Bedeutung, als wenn er mir mit jedem Satz, mit jedem Grinsen etwas ganz bestimmtes mitteilen wollte. Hätte ich es ihm nicht vielleicht schon längst sagen sollen? Was ist, wenn es ihm in Wirklichkeit genau so geht wie mir? Aber was, was verdammt noch mal, würde das ändern? Er wäre immer noch in Köln und ich in Bergbach. Und er hätte immer noch seinen Matthes und ich, ja ich hätte immer noch meinen Nils. Nils, eigentlich alles Glück was ich haben kann. Ich drehe mich im Kreis. Ich komme zu keinem Ergebnis. Ich gehe etwas raus an die Luft, laufen um zu vergessen.

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