Dienstag, 11. Juni 1996

11. Juni

»Wir machen im Oktober eine Studienfahrt«, überraschte uns Körber heute morgen.
Wow, eine Projekt-Studienfahrt von Bio, Deutsch und GK, na ja, das ist ja nicht so spannend, aber was eben doch cool ist: Wir fahren nach Sylt! Yeah! Ein paar haben natürlich gemotzt, weil wohl andere aus der Schule nach Rom fahren, aber ich finde es cool. Nils findet es überhaupt nicht spannend: »Du warst wohl noch nie auf Sylt, was?« fragte ich ihn.
»Nein. Wir fahren eigentlich in den Ferien immer zum Skilaufen.«
»Ich hasse Berge, und ich hasse Schnee.«
»Gibt's in Hamburg koi Schnee?«
»Natürlich, aber Schnnee ist doch voll eklig, Mann. Immmer ist alles matschig und dreckig.«
»In den Bergen nicht.«
»Pff, auf Berge muß man erst mal raufkommen.«
»Bist du blöd, dafür gibt's Lifte.«
»Ja, aber nur, um dann möglichst schnell wieder nach unten zu fahren.«
»Und was gibt's auf Sylt? Bestimmt nur Sand und Wasser.«
»Ist doch cool, man kann schwimmen, am Strand in der Sonne liegen.«
»Na klar, im Oktober.«
Na ja, da hatte er nun wirklich recht. Aber was soll's. Cool ist es trotzdem.
In Musik hat Doris einen völlig abartigen Spruch abgelassen. Wir haben über irgendwelche Komponisten gesprochen, und Doris blökte plötzlich laut raus: »War er schwul?«
Totenstille. Ich guckte sie nur völlig baff an.
»Nee, Schwule machen andere Musik«, meinte Lehmann, »weiche, tuffige Musik.«
»Anstatt brutaler, atonaler, disharmonischer Musik. Stimmt, das können nur Heteros.«
»Schwule machen nur anale Musik, nicht atonale.«
Alles grölt, es klingelt. Na toll.
»Sag mal, was sollte denn das eben?«
»Kam mir gerade so in den Sinn.«
»Echt krass, die Antwort von der Lehmann, und alle grölen mit.«
»Hätte ich auch nicht gedacht, daß die so drauf ist.«
»Vielleicht sagst du das nächste Mal, wenn dir so was in den Sinn kommt, lieber gar nichts.«

Ich war ziemlich sauer. Eigentlich nicht so sehr auf Doris, sondern auf die Reaktion von Lehmann und den anderen. So sieht das dann nämlich aus. »Ich dachte halt, es wäre eine gute Gelegenheit, das Thema mal aufzubringen.«
»Aber doch nicht so! Du siehst ja, was hier für ne Stimmung herrscht.«
»Ja, isch schon gut.« Sie nahm mich in den Arm und drückte mich: »Es tut mir leid.« Danach ging's mir etwas besser.

Na, wenigstens war es beim Krafttraining heute o.k. Ich konnte wieder ein paar Gewichte höher gehen, und ich finde, meine Brustmuskeln sehen schon ziemlich gut aus. Nils war jedenfalls wieder ganz der alte. Wir üben jetzt immer nur einen Griff pro Session und den bis zum Umfallen. Nils meint, man muß den Bewegungsablauf ins Gehirn einbrennen. Na ja, o.k., er ist der Fachmann, Hauptsache es bleibt danach noch was anderes drin in meinem Kopf. Ansonsten habe ich noch mit Benji telefoniert. Ich weiß gar nicht, wieso, plötzlich hatte ich die Idee, mit ihm schwimmen zu gehen. Yo, wir treffen uns morgen.

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