Sonntag, 6. April 1997

6. April

"Herzlichen Glückwunsch" sagte Dad. Wir saßen beim Frühstück und ich erzählte von meinem gestrigen Kampf. "Warum hast du nicht Bescheid gesagt, daß du so einen wichtigen Wettkampf hast? Wir wären hingekommen und hätten dich angefeuert."
Ich blickte zu Mom, die vorsichtshalber nichts sagte. Ich erklärte, daß ich vorher ja auch nicht wußte, daß das sooo wichtig ist oder sein könnte.
Am Nachmittag habe ich mich mit Nils getroffen. Es war komisch, am Anfang wußten wir gar nicht, worüber wir reden sollten. Es war wie eine Blockade. Eine halbe Ewigkeit saßen wir nur da, gckten ins Tal. "Du hast mir gefehlt", flüsterte Nils nach einer ganzen Weile.
"Du mir auch", sagte ich und nahm ihn in den Arm. "Nils, ich möchte, daß du weißt daß da nichts war mit dem Typen, wirklich..." Er brachte mich mit einem Kuß zum Schweigen. "Ich weiß", flüsterte er in mein Ohr. "Ich brauche dich, ich weiß jetzt, daß ich dich brauche."
Das war überhaupt das Schönste, was er sagen konnte. Ich drückte ihn ganz fest. Mein Nils, mein liebster Nils. Ich fühle mich wieder sicher. Es ist, als wenn ich jetzt wieder weiß, wo ich hingehöre. Es ist alles so, wie es sein muß. Es war wirklich ein richtig schöner Abend. Wenn es ein Film gewesen wäre, würde ich sagen total kitschig, aber so paßte einfach alles zusammen: Nils hatte seinen Kopf auf meine Brust gelegt, die Sonne verschwand hinter den Hügeln und bis auf ein paar Vögel die zum Abend trällerten war es absolut still. Eine perfekte, friedliche Stimmung. Irgendwann wurde es dann doch zu kalt und wir radelten wieder Richtung Bergbach. Zum Abschied wollten wir uns gar nicht mehr loslassen.
Ich sitze und denke. Denke an Nils, an uns, wie es weitergeht. Ich liebe ihn, ich liebe ihn wirklich über alles. eigentlich scheint doch alles perfekt zu sein: wir verstehen uns, ohne daß wir viel reden müssen, wir brauchen uns nur anzugucken und wissen schon, was der Andere denkt. Es paßt doch alles. Und trotzdem ist in mir irgendwas, was mich mißtrauisch macht. Nein mißtrauisch ist das falsche Wort. Ich meine eher, dieses Teufelchen, was mir immer wieder sagt, daß ich mich nicht so sehr in ihn verlieben darf. Habe ich jetzt durch dieses ewige Hin und Her schon einen Knacks weggekriegt? Das kann doch nicht sein? Oder ist es jetzt einfach nur mein Verstand, der mir immer wieder sagt, daß es auch irgendwann zu Ende gehen kann? Verdammt noch mal, was mache ich mir denn eigentlich für Gedanken? Ich bin gerade wieder mit meinem Liebsten zusammengekommen und dann schießt mir so etwas durch den Kopf...das kann doch nicht wahr sein! Mein Blick fällt auf den kleinen Eisbären. Ich nehme ihn und drücke ihn ganz fest: Wish you were here.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen