Montag, 25. November 1996

25. November

"Weißt du, daß du total sexy aussiehst? Ich glaube, ich werde auf dich besser aufpassen müssen."
Wir saßen bei Nils und guckten uns das Video noch mal an.
"Jetzt wird mir klar, warum du das Original-Video behalten wolltest."
Er grinste mich vielsagend an. Wir hatten endlich wieder einmal ein paar Stunden nur für uns alleine. Es ist, als wenn ich nur für diese Momente lebe. Alles andere erscheint mir total unwichtig. Sein Atem auf meiner Haut. Wir brauchen nicht viel zu reden, in diesen Momenten ist alles so selbstverständlich. Und trotzdem hören wir immer mit einem Ohr nach draußen. Wir haben zwar die Haustür abgeschlossen und den Schlüssel von innen stecken gelassen, so daß niemand reinkommt, aber es ist doch immer ein bißchen Angst dabei, daß jemand früher wieder nach Hause kommt. Doch es kam niemand. Hinterher setzten wir gemeinsam das halbe Bad unter Wasser, was wir versuchten mit zig Handtüchern wieder trocken zu bekommen. Wir sind wie eine kleine verschworene Gemeinschaft und entwickeln immer mehr Tricks, damit niemand etwas merkt.

Als seine Eltern nach Hause kamen, saßen wir treu und artig vor dem Fernseher im Wohnzimmer, mampften Chips in uns rein. "Ihr habt ja auch ein tolles Sonntagabend-Programm", scherzte sein Vater. "Was sollen wir machen? Es regnet, die Tofa hat heute zu und im Kino gibt es auch nichts G'scheites." Also zauberten wir alle zusammen ein nettes Abendessen. Nils saß neben mir, sein Knie berührte meines und er zwinkerte mir zu: "Schluß mit Kartoffelsalat, sonst schaffst du nächste Woche nicht die 55kg."
"Nils, bitte." Das war seine Mutter, die da stöhnte. "Dieser Junge ist grauenhaft. Da koche ich die tollsten Sachen und er, er fängt an, die Kalorien zu zählen, ißt nur die einen Happen, da eine Winzigkeit. Das macht ja überhaupt keinen Spaß."
"Mutti, bitte, wen die Saison vorbei ist, dann esse ich wieder alles, was auf den Tisch kommt. Versprochen."
"Ich hoffe", seine Mutter wandte sich mir zu, "du wirst nicht genauso wie er, sonst muß ich mit deiner Mutter mal ein ernstes Wort reden."
"Keine Angst", beruhigte ich sie lachend, "ich ringe dann einfach in der nächsthöheren Klasse." Nils buffte mich in die Seite.

Er brachte mich noch bis zu unserer Ecke. Dort lagen wir uns noch einmal in den Armen. Ich weiß, ich werde heute Nacht von ihm träumen.

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