Sonntag, 31. März 1996

31. März

7:40
»Cool, daß du mitkommst«, hatte Nils gesagt. Wir trafen uns alle auf dem Bahnhof. Der Zug war rappelvoll. Es schien, als wenn ganz Schwaben nach Stuttgart wollte. Ich hasse es, mit der Bahn zu fahren. Ich habe mich lange mit Max unterhalten. Er fährt voll auf Melanie ab, der Ärmste. Daß die Heten immer auf die blödesten Mädels abfahren. In Stuttgart sind wir erst mal zu McDonald’s getapert.

Zum Glück kannte Melanies Bruder den Türsteher vom X1, sonst wären wir wahrscheinlich nicht reingekommen. Aber der Laden ist voll cool, die Leute auch. Die Musik ist geil und dröhnt wie bei den Deichtorfeten. Endlich mal wieder abdancen. Das Schrillste war aber die Schaumkanone. Natürlich rasteten die Typen total aus, als die Mädels mit nassen T-Shirts ihre Titten hüpfen ließen. Ich guckte lieber Nils an, der sein T-Shirt ausgezogen hatte, und bewunderte seine Brustmuskeln und seinen flachen Bauch. Ich habe ihn sogar beim Dancen kurz berührt, er hat es nicht mal gemerkt. Irgendwie bin ich sogar fast froh, daß er hetero ist. Es waren total viele süße Jungs da, ein paar haben mich sogar angelächelt. Als wir gegangen sind, habe ich tatsächlich zwei gesehen, die sich geküßt haben. Ich haben einen Moment überlegt, ob ich noch bleiben sollte, aber alle wollten gehen, um den Zug zu bekommen, also zottelte ich mit ab. Von der Rückfahrt habe ich nicht viel mitbekommen, nur daß Max tatsächlich mit Melanie rumknutschte.

Auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause habe ich mich fast verlaufen. Das wird einen schönen dicken Kopf geben. Mom macht gerade Frühstück, ich habe ihr gesagt, daß ich erstmal pennen will. »Nicht, daß das wieder so ausartet wie in Hamburg«, moserte sie. Ich hab sie einfach stehengelassen.

16:25
»Moin Lütter.«
Phil hat gerade angerufen. Normalerweise bin ich stinkig, wenn mich jemand weckt, aber Phil darf das. Wir haben lange gequatscht, Oma wird sich über die Telefonrechnung freuen. Und mir dröhnt der Kopf. Dad grinste mich an, als ich runterkam: »Na, alles wieder frisch?« Ich murmelte irgendwas. Dann rief auch noch Doris an und fragte, ob wir uns treffen. Ich habe dankend abgelehnt. Sie kicherte, als ich ihr sagte, wo ich war. »Das kann ich mir vorstellen, daß das der richtige Laden für so ein Groß-stadtei wie dich ist«, sagte sie. Sie wollte wissen, ob Tobi dabei war. Erst als ich aufgelegt hatte, wunderte ich mich, warum sie mich das gefragt hatte.

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