Sonntag, 18. Januar 1998

18. Janaur

"Du holst dir noch den Tod."
"Mir ist warm. Heiß!"
"Tim weiß eben genau, wie er seine körperlichen Reize einsetzt, um die Mädchen rumzukriegen."
"Haben wir gelacht."
"Stundenlang."
"Komm, gib zu, daß das eine hervorragende Bemerkung war, um zu zeigen, daß ich glaube, daß du ein Hetero bist", flüsterte Flo mir zu.
"Und das in DEINEM Zustand. Ich bin beeindruckt."
"In meinem Zustand. Ich glaube, ich habe weniger Bier getrunken als du."
"Bei den Preisen wundere ich mich, daß wir überhaupt was getrunken haben."
"Hauptsache, du findest dein T-Shirt nachher wieder, draußen ist es unter null Grad."
Es war ein Super-Abend im X1. Es war überhaupt ein Super-Tag heute. Ich habe mich beim Wettkampf ein bissele mit Ina unterhalten. Sie ist wirklich ganz ok und ich glaube, sie mag Flo auch wirklich. Auf jeden Fall hat sie tierischen Schiß gehabt, daß ihm beim Kampf was passiert. Sie hat mir erzählt, daß ich der erste Schwule bin, den sie kennt und daß sie ja das nie von mir geglaubt hätte, wenn Flo ihr das nicht gesagt hätte. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt toll oder weniger toll finden soll. Auf jeden Fall hat unser Verein gewonnen und alle waren glücklich. Den Bauch am Pizzabuffet vollgeschlagen, dann holte uns Jonas von der Halle ab. Die Bundesstraße war wieder mal total glatt, aber zum Glück ist Jonas echt total vorsichtig gefahren. Und was das Ding mit dem Schwulsein angeht: Alle haben sich wirklich tapfer gehalten, so daß Nils bestimmt nichts mitgekriegt hat. Eigentlich, wenn ich mir das so überlege, ist es schon eine ziemlich bekloppte Situation. Mein Freund darf nicht wissen, daß alle anderen, mit denen wir zusammen im Auto sitzen, wissen, daß wir schwul sind. Und eigentlich ist das doch total toll, daß Flo und Ina so super drauf sind, daß sie damit keine Probleme haben. Auf jeden Fall habe ich fast den ganzen Abend im X1 getanzt. Und das lag eigentlich gar nicht so sehr an den Tanztabletten, die Flo dabei hatte, sondern die Musik war einfach gut und die Stimmung toll. Und auch Nils war richtig gut drauf. Was, glaube ich, vor allem da dran lag, daß wir heute gewonnen haben. Mich hat sogar ein Mädel angesprochen und gefragt, ob ich sie nicht mal anrufen will. Ich habe ihr gesagt, daß ich in festen Händen bin. Daraufhin hat sie zu Ina geguckt und ist beleidigt abgezottelt. Herrlich. Irgendwie macht es auch Spaß, schwul zu sein.

Leider war die Rückfahrt wieder mal der absolute Krampf. Zum Bahnhof tapern, auf den ersten Zug warten, total fertig, müde sich in die Sitze fallen lassen. Pennen, aber gleichzeitig aufpassen, daß man die Station nicht verpaßt. Dann in Bergbach ankommen. Das Dorf ist tot. Zum Glück ein Taxi am Bahnhof. Wir verhandeln und haben Glück, daß er uns mitnimmt und für 10 Mark bei Flo und bei Nils absetzt.
"Pennst du heute bei mir?", hatte mir Nils zugeflüstert.
Ich freute mich. Ich freute mich, wieder mal eine Nacht mit Nils verbringen zu dürfen. Aber ich freute mich auch, einfach nicht alleine zu sein. Und es war absolut toll. Denn obwohl wir beide total müde und fertig waren, haben wir miteinander geschlafen. Es war einfach nur schön.

Frühstück am Morgen dann auf seinem Zimmer. Er meint, er hat seiner Mom gesagt, daß wir beide so breit waren, daß ich bei ihm gepennt habe. Irgendwie die glatte Lüge. Aber es ist ok. So waren wir wenigstens zusammen.

Dann irgendwann nach Hause getapert. Mom mal wieder schlecht gelaunt, nach dem Motto, ich käme ja sowieso nur noch zum Wäschewechseln nach Hause. Ich höre schon nimmer hin. Statt dessen baue ich lieber mit Lisa einen Schneemann.

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