Dienstag, 14. Oktober 1997

14. Oktober

"Gibst du mir noch weiter ein paar Nachhilfestunden?"
"Wieso?"
"Ich dachte. Ich will besser werden. Ich will nicht mehr jeden Kampf verlieren."
"Leon, Mensch..." Ich wußte nicht was ich sagen sollte. Ich sah ihn vor mir. So überhaupt kein Ringer, klein, zerbrechlich, schüchtern. Immer still in der Ecke sitzend, nie dabei, wenn wir rumblödeln, Party machen oder irgendwas. Und er tut mir leid. Und weil er mir leid tut sage ich ja. Obwohl ich es nicht will. Ich lege auf und rufe Nils an. Sage ihm, daß ich heute nicht zum Krafttraining gehe, daß ich morgen eine Stunde früher komme um mit Leon zu trainieren.
"Warum kommst du heute nicht zum Krafttraining? Was ist los?"
"Nichts, ich habe nur einfach keinen Bock."
"Daß mir das nicht einreißt."

Ich lege auf. Die Sonne scheint und ich weiß nicht, ob es mir gut geht oder nicht. Ich gehe in meinem Kopf jeden Augenblick mit Heiko durch, jedes Wort, was er gesagt hat, jeden Blick. Habe ich irgendwas Falsches gemacht, getan, gesagt? Nein, was denn? Das ist Heiko, diese verdammte Coolheit. Ich wünsche mir, daß es ihm irgendwann mal so geht wie mir. Nur ein einziges Mal, damit er weiß, wie ich leide. Was für ein Unsinn? Was habe ich geschrieben? Die große Verliebtheit ist vorbei? Und was ist das jetzt? Wann werde ich ihn wiedersehen? Das ist es. Verdammte Scheiße! Ich weiß nicht, was jetzt kommt. Was passiert jetzt? Ich gehe nicht zum Krafttraining und ich überlege, ob ich überhaupt noch zu irgendeinem Training gehen soll. Das ist doch nicht mehr normal. Warum soll ich für irgendwas noch trainieren? Worum kämpfen? Heiko ist in Köln, ich bin in Bergbach. Matthes ist in Köln, Nils ist in Bergbach. Wir sind alle da, wo wir hingehören. Alles ist so, wie es sein muß. Wo ist also das Problem? Warum fühle ich mich auf einmal so beschissen? Ich gehe laufen. Muß raus hier.

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