Dienstag, 18. März 1997

18. März

"Und wie gehts meinem Brüderchen?"
Phil war am Telefon und wir quatschten und quatschten. Ich weiß gar nicht mehr, worüber wir alles geredet hatten. Es scheint ihm tatsächlich gut zu gehen, in seiner Einheit. Ich kann das zwar immer noch nicht verstehen, aber ich habe es aufgegeben, ihm wegen der Sache mit der Bundeswehr Vorwürfe zu machen.
"Mir geht's gut." Das war gelogen. Ok, ich hätte auch nicht sagen können, daß es mir schlecht geht. Hätte ich ihm sagen sollen, daß ich einfach nur verwirrt und durcheinander bin? Dann hätte ich erklären müssen wieso. Ach nein, das wollte ich nun garantiert auch nicht. Aber ich merke, wie Phil sich auch verändert hat. Ich meine, er ist eigentlich noch nie jemand gewesen, der total auf Action und Party gemacht hat. Aber in den Monaten scheint er mir tatsächlich noch viel älter geworden zu sein. Ja, fast erwachsen würde ich sagen. Alles das, was er so an kleinen Verrücktheiten an sich hatte, scheint verschwunden zu sein. Er klingt nur noch so entsetzlich vernünftig.
"Was machen die Mädchen?"
Shit, warum mußte er diese Frage stellen? "Nicht viel los hier", antwortete ich kurz.
"Ach komm, das kannst du mir doch nicht erzählen, daß du in dem Jahr keine Mädchen kennengelernt hast."
Was sollte das denn jetzt? Warum fragte er mich denn so intensiv nach irgendwelchen Mädels aus? Es scheint wirklich so, daß zum perfekten Leben irgendein Mädel mit dazu gehört. "Ach vergiß es einfach", antwortete ich mürrisch und in einem Tonfall, der ihm zu verstehen gab, daß ich keine weitere Nachfrage wünschte. Und es klappte. Er wechselte das Thema.
Ich lasse mir die Idee von Nils durch den Kopf gehen. Vielleicht wäre es ja wirklich gar nicht so eine schlechte Idee, nach dem Abi nach Stuttgart zu ziehen in eine eigene Wohnung. Ich meine, die Uni ist da und jeden Tag von Stuttgart nach Bergbach zu fahren und jeden morgen wieder hin ist auch nicht so tolle. Und dann könnte man natürlich wirklich in eine Wohnung ziehen. Wie das wohl wäre? Eine eigene Wohnung mit Nils zusammen. Jeden Tag bei ihm sein, ihn jeden Tag zu spüren, jeden Tag mit ihm zu schlafen. Das wäre einfach zu schön, um wahr zu sein.

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