Donnerstag, 29. Januar 1998
29. Januar
"Ina trifft sich mit einem anderen Typen zum Squash."
"Was meinst du damit? Wie treffen? Einfach nur so, oder haben sie was miteinander?"
"Das reicht doch wohl schon, wenn sie sich mit dem Typen trifft, oder?"
"Ich weiß nicht, ob das nun SO dramatisch ist, nur weil sie sich mit jemandem zum Squash-Spielen trifft."
Ich finde das nun wirklich nicht so wild, aber Flo ist total fertig. Ich habe versucht ihm klarzumachen, daß er sich bestimmt keine Gedanken zu machen braucht, aber er wollte irgendwie nicht auf mich hören. Er meinte, er wird sie auf jeden Fall danach von der Squash-Halle abholen. Was ich total daneben finde. Das sieht ja nun wirklich wie totale Kontrolle aus. Aber wenn es um Ina geht, hört er sowieso auf niemanden.
Heute ist ein Neuer beim Training aufgetaucht. Marcel heißt er. Als er reinkam, haben Nils und ich uns erst mal nur angeguckt. Nils und ich sprechen nur ganz selten darüber, welche Jungs wir süß finden. Aber wenn, dann stellen wir immer wieder fest, daß wir beide einen total anderen Geschmack haben. Aber bei Marcel scheint es anders zu sein. Von der ersten Sekunde als wir ihn gesehen haben, fanden wir ihn beide süß. Er ist ziemlich groß, größer als Nils, und sieht total gut aus, blaue Augen, kurze Haare und eine Stimme und ein Lächeln, bei dem mir ganz anders wird.
"Oh Gott, ist der geil", flüsterte Nils mir zu.
"Ja", mehr brachte ich gar nicht hervor.
"Wo kommt DER denn her?"
"Vielleicht direkt aus dem Genlabor."
In Wirklichkeit kommt er aus Dresden, wie wir erfuhren. Ich konnte nicht anders, als ihn die ganze Zeit anzustarren und Nils ging es genauso.
"Meinst du, er ist...?", flüsterte Nils mir zu, während ich ihn zum dritten Mal im Fireman's Carry durch die Halle schleppte.
"Das glaube ich nicht", keuchte ich, "so jemand kann gar nicht schwul sein. So jemand DARF nicht schwul sein. Das geht einfach nicht."
"Ich glaube, bei dem würde ich mich sofort hinlegen."
Ich blieb wie angewurzelt stehen, so daß Kevin, der hinter uns war, auf uns auflief. "Was ist denn mit euch los? Mittagspause?"
Nils zappelte auf meinen Schultern: "Nun mach schon, was ist denn los? Lauf weiter."
So ein Spruch! So ein Spruch von Nils. Es stimmt ja schon, der Typ ist einfach nur supergeil. Aber das heißt doch noch lange nicht...
Ich versuchte, mich mit aller Gewalt abzulenken. Aber ich konnte nicht anders und mußte immer wieder zu Marcel rübergucken. So wie es ausieht, ringt er nicht so toll. Ich überlegte, ob ich nicht einfach zu ihm rübergehen sollte, ihn irgendwas fragen. Aber was sollte das bringen? Außerdem kümmert sich Mahmout in den ersten Trainings immer um die Neuzugänge. Das würde absolut bekloppt aussehen, wenn ich da einfach so zu Marcel rübertapere. Und überhaupt. Ich habe einen Freund. Und eben dieser Freund guckte mindestens genau so oft zu Marcel rüber wie ich. Brückenübungen. Marcels T-Shirt war hochgerutscht und gab den Blick auf einen makellosen Waschbrettbauch frei.
"Haben wollen."
"Ja, da mußt du aber noch eine Menge Situps für machen."
"So was ist ungerecht. Der Typ kann noch nicht mal richtig gut ringen."
Wir rissen uns zusammen und trainierten weiter. Und es ging. Wir konzentrierten uns auf Mahmouts Erklärungen, auf die Griffe und schafften es sogar, eine Stunde lang nicht rüberzugucken. Dann wollte Nils was mit Werner besprechen. Ich taperte zu Flo: "Du siehst ja immer noch so durch den Wind aus."
"Ja, ich verschwinde auch gleich. Ich will Ina vom Squash abholen."
"Ich finde das keine tolle Idee."
"Soll ich sie vielleicht noch mit dem Typen auf einen romantischen Abend ins La Perla gehen lassen?"
"Woher kennt sie ihn überhaupt?"
"Er ist aus der Stufe über uns. Sie haben sich auf dem Hof kennengelernt. Er ist so ein Typ Skilehrer."
"Die Frauen fallen eben immer auf die gleichen Typen rein."
"Woher willst denn ausgerechnet DU das wissen?" Seine Stimme klang aggressiv. Ok, ich gebe ja zu, daß meine Bemerkung nicht besonders geistreich war und sie paßt auch überhaupt nicht zu meinem 'mach dir keine Sorgen'. Aber mußte er gleich so aggressiv reagieren? Ich beschloß einzulenken. Wenn Flo der Meinung ist, daß der Typ eine Gefahr ist, dann bitte. Hinterher bin ich noch Schuld, weil ich das verharmlost habe.
"Stell dir doch mal vor", Flo redete einfach weiter, während ich mit meinen Schnürsenkeln spielte, "stell dir doch einfach mal vor, Nils geht mit einem anderen Typen Squash spielen."
"Nils spielt kein Squash."
"Mensch Tim! Du weißt genau, was ich meine. Stell dir doch mal vor DEIN Nils würde zum Beispiel heute Abend mit diesem Neuen in die Tofa gehen, ohne dich." Flo zeigte mit seinem Kopf in Richtung Kampffläche. Ich blickte rüber und sah, wie Nils gerade mit Marcel auf die Matte ging. Was sollte DAS denn?
"Ich glaube ich wäre stinksauer", murmelte ich.
"Siehst du. Und deshalb gehe ich jetzt los, Ina abholen."
Ich guckte nicht einmal hoch, als ich Flo verabschiedete. Ich guckte nur noch auf die Matte, wo Nils, MEIN Nils, mit Marcel rang. Und ich merkte, wie mir heiß und kalt wurde. Ich merkte, wie ich plötzlich, von einen auf den anderen Moment, nicht nur sauer, sondern auch tierisch wütend wurde. Was fiel Nils eigentlich ein? Was machte er da? Hatten wir uns nicht vorgenommen, uns zusammenzunehmen? Nils rang mit Marcel und ich kochte. Und Nils rang überhaupt nicht so, wie er es sonst machte. Er ließ den Neuen ja fast gewinnen. Was sollte denn das?
Nach einer Viertelstunde hatten sie genug und Nils kam zu mir: "Ist noch ausbaufähig", meinte er, "im Boden total schwach, aber im Stand gar nicht schlecht."
"Aha", murmelte ich.
"Was ist denn los?"
"Nichts." Ich wollte mit Nils nicht darüber reden. Nicht in dem Moment. "Flo ist schon weg, will Ina vom Squash mit einem Typen abholen."
Nils hatte gar nicht zugehört: "Man merkt überhaupt nicht, daß er aus Sachsen kommt. Und er ist auch total nett. Aber ich glaube nicht, daß er schwul ist."
Seltsamerweise fiel mir gerade in diesem Augenblick der Spruch aus 'Das Leben des Brian' ein: "Da haben wir aber noch mal Glück gehabt."
"Was?"
"Ach vergiß es."
"Was ist denn los mit dir?"
"Nichts. Ich bin müde, mir tut mein Knie weh und ich will nach Hause." Das war alles gelogen, aber etwas anderes fiel mir sowieso nicht ein.
Den ganzen Rückweg über war ich ziemlich einsilbig. Nils sagte, daß Werner ihm von einem Treffen der Talentscouts der Bundesligavereine erzählt hatte. Es interessierte mich nicht. Ich bekam dieses Bild nicht aus dem Kopf. Nils und Marcel zusammen auf der Matte.
Und ich bekomme dieses Bild jetzt noch immer nicht aus dem Kopf. Es hat sich da festgesetzt und springt immer wieder wie ein kleiner Teufel hoch. Ich finde es einfach unfair von Nils. Unfair und daneben. Oh Shit, verdammt noch mal, ich bin eifersüchtig. Und ich kann noch nicht einmal sagen auf wen. So was ist doch völlig krank. Ich kann nicht mehr weiter schreiben.
"Was meinst du damit? Wie treffen? Einfach nur so, oder haben sie was miteinander?"
"Das reicht doch wohl schon, wenn sie sich mit dem Typen trifft, oder?"
"Ich weiß nicht, ob das nun SO dramatisch ist, nur weil sie sich mit jemandem zum Squash-Spielen trifft."
Ich finde das nun wirklich nicht so wild, aber Flo ist total fertig. Ich habe versucht ihm klarzumachen, daß er sich bestimmt keine Gedanken zu machen braucht, aber er wollte irgendwie nicht auf mich hören. Er meinte, er wird sie auf jeden Fall danach von der Squash-Halle abholen. Was ich total daneben finde. Das sieht ja nun wirklich wie totale Kontrolle aus. Aber wenn es um Ina geht, hört er sowieso auf niemanden.
Heute ist ein Neuer beim Training aufgetaucht. Marcel heißt er. Als er reinkam, haben Nils und ich uns erst mal nur angeguckt. Nils und ich sprechen nur ganz selten darüber, welche Jungs wir süß finden. Aber wenn, dann stellen wir immer wieder fest, daß wir beide einen total anderen Geschmack haben. Aber bei Marcel scheint es anders zu sein. Von der ersten Sekunde als wir ihn gesehen haben, fanden wir ihn beide süß. Er ist ziemlich groß, größer als Nils, und sieht total gut aus, blaue Augen, kurze Haare und eine Stimme und ein Lächeln, bei dem mir ganz anders wird.
"Oh Gott, ist der geil", flüsterte Nils mir zu.
"Ja", mehr brachte ich gar nicht hervor.
"Wo kommt DER denn her?"
"Vielleicht direkt aus dem Genlabor."
In Wirklichkeit kommt er aus Dresden, wie wir erfuhren. Ich konnte nicht anders, als ihn die ganze Zeit anzustarren und Nils ging es genauso.
"Meinst du, er ist...?", flüsterte Nils mir zu, während ich ihn zum dritten Mal im Fireman's Carry durch die Halle schleppte.
"Das glaube ich nicht", keuchte ich, "so jemand kann gar nicht schwul sein. So jemand DARF nicht schwul sein. Das geht einfach nicht."
"Ich glaube, bei dem würde ich mich sofort hinlegen."
Ich blieb wie angewurzelt stehen, so daß Kevin, der hinter uns war, auf uns auflief. "Was ist denn mit euch los? Mittagspause?"
Nils zappelte auf meinen Schultern: "Nun mach schon, was ist denn los? Lauf weiter."
So ein Spruch! So ein Spruch von Nils. Es stimmt ja schon, der Typ ist einfach nur supergeil. Aber das heißt doch noch lange nicht...
Ich versuchte, mich mit aller Gewalt abzulenken. Aber ich konnte nicht anders und mußte immer wieder zu Marcel rübergucken. So wie es ausieht, ringt er nicht so toll. Ich überlegte, ob ich nicht einfach zu ihm rübergehen sollte, ihn irgendwas fragen. Aber was sollte das bringen? Außerdem kümmert sich Mahmout in den ersten Trainings immer um die Neuzugänge. Das würde absolut bekloppt aussehen, wenn ich da einfach so zu Marcel rübertapere. Und überhaupt. Ich habe einen Freund. Und eben dieser Freund guckte mindestens genau so oft zu Marcel rüber wie ich. Brückenübungen. Marcels T-Shirt war hochgerutscht und gab den Blick auf einen makellosen Waschbrettbauch frei.
"Haben wollen."
"Ja, da mußt du aber noch eine Menge Situps für machen."
"So was ist ungerecht. Der Typ kann noch nicht mal richtig gut ringen."
Wir rissen uns zusammen und trainierten weiter. Und es ging. Wir konzentrierten uns auf Mahmouts Erklärungen, auf die Griffe und schafften es sogar, eine Stunde lang nicht rüberzugucken. Dann wollte Nils was mit Werner besprechen. Ich taperte zu Flo: "Du siehst ja immer noch so durch den Wind aus."
"Ja, ich verschwinde auch gleich. Ich will Ina vom Squash abholen."
"Ich finde das keine tolle Idee."
"Soll ich sie vielleicht noch mit dem Typen auf einen romantischen Abend ins La Perla gehen lassen?"
"Woher kennt sie ihn überhaupt?"
"Er ist aus der Stufe über uns. Sie haben sich auf dem Hof kennengelernt. Er ist so ein Typ Skilehrer."
"Die Frauen fallen eben immer auf die gleichen Typen rein."
"Woher willst denn ausgerechnet DU das wissen?" Seine Stimme klang aggressiv. Ok, ich gebe ja zu, daß meine Bemerkung nicht besonders geistreich war und sie paßt auch überhaupt nicht zu meinem 'mach dir keine Sorgen'. Aber mußte er gleich so aggressiv reagieren? Ich beschloß einzulenken. Wenn Flo der Meinung ist, daß der Typ eine Gefahr ist, dann bitte. Hinterher bin ich noch Schuld, weil ich das verharmlost habe.
"Stell dir doch mal vor", Flo redete einfach weiter, während ich mit meinen Schnürsenkeln spielte, "stell dir doch einfach mal vor, Nils geht mit einem anderen Typen Squash spielen."
"Nils spielt kein Squash."
"Mensch Tim! Du weißt genau, was ich meine. Stell dir doch mal vor DEIN Nils würde zum Beispiel heute Abend mit diesem Neuen in die Tofa gehen, ohne dich." Flo zeigte mit seinem Kopf in Richtung Kampffläche. Ich blickte rüber und sah, wie Nils gerade mit Marcel auf die Matte ging. Was sollte DAS denn?
"Ich glaube ich wäre stinksauer", murmelte ich.
"Siehst du. Und deshalb gehe ich jetzt los, Ina abholen."
Ich guckte nicht einmal hoch, als ich Flo verabschiedete. Ich guckte nur noch auf die Matte, wo Nils, MEIN Nils, mit Marcel rang. Und ich merkte, wie mir heiß und kalt wurde. Ich merkte, wie ich plötzlich, von einen auf den anderen Moment, nicht nur sauer, sondern auch tierisch wütend wurde. Was fiel Nils eigentlich ein? Was machte er da? Hatten wir uns nicht vorgenommen, uns zusammenzunehmen? Nils rang mit Marcel und ich kochte. Und Nils rang überhaupt nicht so, wie er es sonst machte. Er ließ den Neuen ja fast gewinnen. Was sollte denn das?
Nach einer Viertelstunde hatten sie genug und Nils kam zu mir: "Ist noch ausbaufähig", meinte er, "im Boden total schwach, aber im Stand gar nicht schlecht."
"Aha", murmelte ich.
"Was ist denn los?"
"Nichts." Ich wollte mit Nils nicht darüber reden. Nicht in dem Moment. "Flo ist schon weg, will Ina vom Squash mit einem Typen abholen."
Nils hatte gar nicht zugehört: "Man merkt überhaupt nicht, daß er aus Sachsen kommt. Und er ist auch total nett. Aber ich glaube nicht, daß er schwul ist."
Seltsamerweise fiel mir gerade in diesem Augenblick der Spruch aus 'Das Leben des Brian' ein: "Da haben wir aber noch mal Glück gehabt."
"Was?"
"Ach vergiß es."
"Was ist denn los mit dir?"
"Nichts. Ich bin müde, mir tut mein Knie weh und ich will nach Hause." Das war alles gelogen, aber etwas anderes fiel mir sowieso nicht ein.
Den ganzen Rückweg über war ich ziemlich einsilbig. Nils sagte, daß Werner ihm von einem Treffen der Talentscouts der Bundesligavereine erzählt hatte. Es interessierte mich nicht. Ich bekam dieses Bild nicht aus dem Kopf. Nils und Marcel zusammen auf der Matte.
Und ich bekomme dieses Bild jetzt noch immer nicht aus dem Kopf. Es hat sich da festgesetzt und springt immer wieder wie ein kleiner Teufel hoch. Ich finde es einfach unfair von Nils. Unfair und daneben. Oh Shit, verdammt noch mal, ich bin eifersüchtig. Und ich kann noch nicht einmal sagen auf wen. So was ist doch völlig krank. Ich kann nicht mehr weiter schreiben.
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