Donnerstag, 16. Oktober 1997

16. Oktober

"Bist du sicher, daß du nicht noch mal Fieber messen willst?"
"Ja, ich habe kein Fieber. Aber ich gehe trotzdem nicht zur Schule heute."
Mom zuckt mit den Schultern. Sie weiß inzwischen, daß es nichts bringt, wenn ich nichts sagen will. Ich gehe in mein Zimmer, mache perfekte Ordnung. Die Zeit vergeht nicht. Und ich weiß immer noch nicht, was mit mir los ist. Es ist nicht so, wie vor ein paar Monaten, wo ich so in Heiko verknallt war, daß es mir so dreckig ging. Es ist anders. Alles ist anders. Aber ich weiß nicht wie anders. Ich sitze eine ganze Stunde am Fenster und schaue raus. Und denke NICHTS! Ich kriege Hunger, doch ich will nichts essen. Ich kann nichts essen. Das Telefon. Doris spricht auf den Anrufbeantworter. Dann Nils. Ich gehe nicht ran. Was soll ich sagen? Wem soll ich was sagen?
Es klingelt an der Tür. Ich will nicht aufmachen. Weiß, daß es Nils ist. Weiß, was er mir sagen will. Ich will nicht. Ich will nicht zum Training. Doch es klingelt. Wieder und wieder. Es hört nicht auf. Ich muß runtergehen und aufmachen.

"Vielleicht solltest du dich mal untersuchen lassen."
"Sehr witzig."
"Ich meine das echt ernst. Eine Tante von mir hat auch so Depressionen."
"Ich habe keine Depressionen."
Es war nicht Nils gewesen, der vor der Tür stand sondern Flo. Was machte Flo hier? Warum kommt er hierher? Und warum erzählt er mir dann etwas von seiner depressiven Tante? Warum kommt Flo und nicht Nils? Na klar, Nils wird beim Training sein. Nur keine Minute versäumen. Irgendwann kommen Mom und Lisa. Meine kleine Prinzessin. Nicht mal sie schafft es, mich aufzumuntern. Aber wieso überhaupt aufmuntern? Bin ich traurig? Ich weiß immer noch nicht, was mit mir ist. Warum meint Flo, ich hätte Depressionen?

Ich will nichts essen. Flo ist weg und ich sitze und grübele. Mein kleines verrücktes Leben. Irgendwas stimmt nicht. Nur was? Warum geht es mir so entsetzlich seltsam? Es ist nicht mehr diese Liebe für Heiko, es ist irgendwas anderes. Ist es wirklich, daß es jetzt vorbei ist. Alles das, wofür ich trainiert habe ist jetzt vorbei. Ich habe gewonnen und Heiko und ich haben zusammen geschlafen. Es ist mehr passiert, als ich überhaupt geträumt habe. Warum geht es mir dann so seltsam? Es IST dieses Loch, von dem Nils gesprochen hat. Wenn das nicht so bekloppt klingt, würde ich sagen: kein Ziel, keine Hoffnung mehr. Und ich weiß gleichzeitig, daß das absolut daneben ist. Es klopft.

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