Sonntag, 3. August 1997
3. August
"Ich glaube, ich sterbe."
"Hey, ganz ruhig. Da passiert doch nichts."
"Merkst du nicht, wie das Flugzeug wackelt? Wenn jetzt ein Triebwerk ausfällt."
Nils stand der Schweiß auf der Stirn und wir waren gerade mal gestartet. Er hatte echt Panik. Das habe ich noch nie gesehen bei ihm. Ich griff seine Hand und drückte sie ganz fest. Mir war egal, was irgendjemand von uns dachte.
"Es passiert nichts. Ich verspreche es dir. Es ist viel gefährlicher, einmal mit Silvios Bruder nach Stuttgart zu fahren, als hundertmal in diesen Flieger zu steigen."
Als die Maschine ihren Steigflug beendet hatte, entspannte er sich ein bißchen.
"Ist dir schlecht?"
"Nein, ich habe nur Panik. Einfach nur totalen Schiß, daß ich nichts machen kann."
"Wie machen?"
"Na, daß ICH nichts machen kann."
"Das kannst du doch im Zug auch nicht."
"Aber der fährt auf dem Boden, auf Schienen."
Ich mußte lachen und drückte seine Hand noch fester: "In zwei Stunden sind wir da und alles ist vergessen."
"Hoffentlich sind wir dann da."
Moriani Plage, ein kleines Feriendorf südlich von Bastia. Es sieht so aus, als hätten sie das Feriendorf von Rosolina Mare hierher verpflanzt. Kleine Häuschen im Wald verstreut und daneben ein Campingplatz.
"Was hast du denn erwartet?" fragte Nils.
"Vielleicht ein bißchen mehr Komfort."
"Typisch Tim. Dann hättest du deine Eltern eben um mehr Kohle anhauen müssen. Ich finde, es ist ok hier. Wir haben ein Bett, einen Tisch, zwei Stühle, eine Dusche und eine Küche."
"Genau das ist es, mehr aber auch nicht."
"Ach komm schon. Hör auf zu nörgeln. Wir haben Urlaub. Wir haben Sommer, wir haben uns. Und ich glaube wir haben das, was DU am meisten gerne hast: Das Meer."
"Am meisten, liebe ich dich", sagte ich und umarmte ihn. Endlich alleine. Alleine mit Nils. Niemand da, der uns kennt, niemand, der dumm guckt.
Unser Häuschen besteht aber wirklich nicht aus mehr als zwei Räumen: Einem kombinierten Wohn-Schlaf- und Küchenzimmer und einem Bad. Die Küche ist wirklich die Härte. Ein Herd mit einer Gasflasche, ein Waschbecken, ein Schrank und das war es dann. Aber was soll's. Wir werden ja nicht den ganzen Tag hier in dem Haus verbringen. Als erstes haben wir umgeräumt und die beiden einzelnen Betten zusammengeschoben. Das hätte ja gerade noch gefehlt, ein gemeinsamer Urlaub und zwei getrennte Betten.
Ansonsten sieht dieses Feriendorf wirklich dem in Italien verblüffend ähnlich. Es gibt einen kleinen Supermarkt, einen großen Pool (wozu gibt es einen Pool, wenn man das Meer vor der Tür hat???) und auf dem Weg zum Strand diverse Tennisplätze und zwei Restaurants oder bessere Kantinen. Hier kriegen wir unser Frühstück und unser Abendessen.
Als wir gestern angekommen sind, haben wir erst mal das gesamte Gelände erkundet. Dann sind wir am Strand erst nach Norden und dann nach Süden getapert. Und als wir zurück waren, war es schon so spät, daß es kein Abendessen mehr gab. Na toll, also hungrig ins Bett. Aber es ging, weil wir so müde waren, daß wir sofort eingeschlafen sind. Nils neben mir, Arm in Arm, einfach nur so. Es war schön. Und erst jetzt wird mir klar, wie toll das ist. Es ist dieses totale Gefühl von Freiheit, dieses Gefühl nicht aufpassen zu müssen. Nils liegt neben mir, ich kann ihn küssen, umarmen. Wir können zusammen einschlafen, ohne, daß wir Angst haben müssen, daß jemand an der Tür klopft, ohne daß jemand ins Zimmer stürmt, ohne daß jemand dumme Fragen stellt, ohne irgendwelche Lügen auftischen zu müssen. Nils ist jetzt unter der Dusche und ich sitze auf unserer Mini-Terrasse oder Veranda, wie man das auch nennen will. Es ist noch früh, aber wir sind auch schon so früh aufgewacht. Es ist ruhig hier, noch ruhiger als in Bergbach. Nur das Meer ist zu hören.
Nils kommt aus dem Bad. Wir gehen zum Frühstück.
"Hey, ganz ruhig. Da passiert doch nichts."
"Merkst du nicht, wie das Flugzeug wackelt? Wenn jetzt ein Triebwerk ausfällt."
Nils stand der Schweiß auf der Stirn und wir waren gerade mal gestartet. Er hatte echt Panik. Das habe ich noch nie gesehen bei ihm. Ich griff seine Hand und drückte sie ganz fest. Mir war egal, was irgendjemand von uns dachte.
"Es passiert nichts. Ich verspreche es dir. Es ist viel gefährlicher, einmal mit Silvios Bruder nach Stuttgart zu fahren, als hundertmal in diesen Flieger zu steigen."
Als die Maschine ihren Steigflug beendet hatte, entspannte er sich ein bißchen.
"Ist dir schlecht?"
"Nein, ich habe nur Panik. Einfach nur totalen Schiß, daß ich nichts machen kann."
"Wie machen?"
"Na, daß ICH nichts machen kann."
"Das kannst du doch im Zug auch nicht."
"Aber der fährt auf dem Boden, auf Schienen."
Ich mußte lachen und drückte seine Hand noch fester: "In zwei Stunden sind wir da und alles ist vergessen."
"Hoffentlich sind wir dann da."
Moriani Plage, ein kleines Feriendorf südlich von Bastia. Es sieht so aus, als hätten sie das Feriendorf von Rosolina Mare hierher verpflanzt. Kleine Häuschen im Wald verstreut und daneben ein Campingplatz.
"Was hast du denn erwartet?" fragte Nils.
"Vielleicht ein bißchen mehr Komfort."
"Typisch Tim. Dann hättest du deine Eltern eben um mehr Kohle anhauen müssen. Ich finde, es ist ok hier. Wir haben ein Bett, einen Tisch, zwei Stühle, eine Dusche und eine Küche."
"Genau das ist es, mehr aber auch nicht."
"Ach komm schon. Hör auf zu nörgeln. Wir haben Urlaub. Wir haben Sommer, wir haben uns. Und ich glaube wir haben das, was DU am meisten gerne hast: Das Meer."
"Am meisten, liebe ich dich", sagte ich und umarmte ihn. Endlich alleine. Alleine mit Nils. Niemand da, der uns kennt, niemand, der dumm guckt.
Unser Häuschen besteht aber wirklich nicht aus mehr als zwei Räumen: Einem kombinierten Wohn-Schlaf- und Küchenzimmer und einem Bad. Die Küche ist wirklich die Härte. Ein Herd mit einer Gasflasche, ein Waschbecken, ein Schrank und das war es dann. Aber was soll's. Wir werden ja nicht den ganzen Tag hier in dem Haus verbringen. Als erstes haben wir umgeräumt und die beiden einzelnen Betten zusammengeschoben. Das hätte ja gerade noch gefehlt, ein gemeinsamer Urlaub und zwei getrennte Betten.
Ansonsten sieht dieses Feriendorf wirklich dem in Italien verblüffend ähnlich. Es gibt einen kleinen Supermarkt, einen großen Pool (wozu gibt es einen Pool, wenn man das Meer vor der Tür hat???) und auf dem Weg zum Strand diverse Tennisplätze und zwei Restaurants oder bessere Kantinen. Hier kriegen wir unser Frühstück und unser Abendessen.
Als wir gestern angekommen sind, haben wir erst mal das gesamte Gelände erkundet. Dann sind wir am Strand erst nach Norden und dann nach Süden getapert. Und als wir zurück waren, war es schon so spät, daß es kein Abendessen mehr gab. Na toll, also hungrig ins Bett. Aber es ging, weil wir so müde waren, daß wir sofort eingeschlafen sind. Nils neben mir, Arm in Arm, einfach nur so. Es war schön. Und erst jetzt wird mir klar, wie toll das ist. Es ist dieses totale Gefühl von Freiheit, dieses Gefühl nicht aufpassen zu müssen. Nils liegt neben mir, ich kann ihn küssen, umarmen. Wir können zusammen einschlafen, ohne, daß wir Angst haben müssen, daß jemand an der Tür klopft, ohne daß jemand ins Zimmer stürmt, ohne daß jemand dumme Fragen stellt, ohne irgendwelche Lügen auftischen zu müssen. Nils ist jetzt unter der Dusche und ich sitze auf unserer Mini-Terrasse oder Veranda, wie man das auch nennen will. Es ist noch früh, aber wir sind auch schon so früh aufgewacht. Es ist ruhig hier, noch ruhiger als in Bergbach. Nur das Meer ist zu hören.
Nils kommt aus dem Bad. Wir gehen zum Frühstück.
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