Sonntag, 6. Juli 1997
6. Juli
"Du hast Liebeskummer, stimmt's?"
Ich kam aus der Umkleide und Flo stand in der Tür. Ich hatte meinen Kampf gewonnen, zwar nur mit zwei Punkten Vorsprung, aber immerhin. Doch als der Kampfrichter meinen Arm hob, konnte ich mich nicht freuen. Da war kein Nils, dessen strahlende Augen mich trafen, der sich freute, daß ich gewonnen hatte. Nils saß in einer Ecke und unterheilt sich mit irgendwelchen Leuten. Hatte nicht mal meinen Kampf mitverfolgt. Ich hatte gewonnen und unser Verein hatte gewonnen. Aber alles das ging an mir vorüber.
"Wie kommst du da drauf?" wollte ich wissen.
"Du siehst so aus. Du bist sonst so fröhlich und seit ein paar Tagen bist du wie ausgewechselt."
"Ich mag nicht darüber reden."
"Hey, was ist los?!"
"Florian, bitte, das verstehst du nicht."
"Vielleicht verstehe ich mehr, als du glaubst. Vielleicht bin ich auch nicht so blind, wie du glaubst."
Ich schaute ihn an: "Was meinst du damit?"
"Was ich damit meine, sage ich dir, wenn du mir erzählst, was mit dir los ist. Erst dann."
Ich schob ihn beiseite und versuchte ruhig zu bleiben: "Ich will nicht darüber reden. Wirklich nicht."
Flo seufzte: "Dann eben nicht. Ich dachte, ich kann dir irgendwie helfen."
Ich mußte lächeln. Zum ersten Mal seit so vielen Tagen, lächelte ich. "Es ist lieb von dir, wirklich. Aber im Moment, im Moment...", die Tür zur Umkleide ging auf und Nils kam rein. Mir wurde schwarz vor Augen und ich schaffte es gerade noch, meinen Satz zu Ende zu bringen, "im Moment muß ich da alleine durch."
Ich stehe auf dem Parkplatz. Die Luft klebte wieder. In Hamburg war irgendwie immer eine Brise und trotz der Großstadt immer irgendwie frische Luft. Hier in Schwaben klebt im Sommer alles. Ich setze mich in den Bus in die letzte Reihe. Laßt mich in Ruhe. Ich brauche es nicht zu sagen, alle scheinen es zu respektieren, scheinen es zu merken. Wir rumpeln durch die Gegend. Landschaft zieht am Fenster vorbei. Die anderen lachen, blödeln rum. Ich gehöre nicht dazu. Ich gehöre nirgends dazu. Der Bus hält an einem Gasthaus. Großes gemeinsames Abendessen. Irgendwo in einer grölenden, lachenden Horde Jungs sitzt Tim, Tim ganz alleine. Es ist schon nach zwölf, als wir endlich wieder in Bergbach eintrudeln. Der Bus bringt uns noch bis zur Tür jedes einzelnen. Als er bei Nils hält, ist mir fast so, als müßte ich mit aussteigen. Nur eine Sekunde. Ich versuche, ihm nicht nachzuschauen. Der Bus biegt an unserer Kreuzung wieder in die Hauptstraße ein. An unserer Kreuzung. Wieder läuft ein Film in mir ab, was für Momente wir hier verbracht hatten. Als nächstens hält der Bus vor dem Hügel zu unserer Siedlung. Flo boxt mir freundschaftlich auf den Arm: "Kopf hoch."
Ich nicke. Falle ins Bett und schlafe.
Den Nachmittag heute habe ich damit verbracht, meine alten Tagebücher zu lesen. Was ist das für ein Leben. Ob es anderen schwulen Jungs genauso geht? Wann ist denn endlich mal Ruhe? Wann kann ich endlich mal die Augen zu machen und mich treiben lassen, Spaß haben? Ohne Angst zu haben, daß jemand rausbekommt, daß ich schwul bin, ohne Angst, daß mich mein Freund verläßt, ohne Angst zu haben, allein durch die Welt zu laufen?
Ich kam aus der Umkleide und Flo stand in der Tür. Ich hatte meinen Kampf gewonnen, zwar nur mit zwei Punkten Vorsprung, aber immerhin. Doch als der Kampfrichter meinen Arm hob, konnte ich mich nicht freuen. Da war kein Nils, dessen strahlende Augen mich trafen, der sich freute, daß ich gewonnen hatte. Nils saß in einer Ecke und unterheilt sich mit irgendwelchen Leuten. Hatte nicht mal meinen Kampf mitverfolgt. Ich hatte gewonnen und unser Verein hatte gewonnen. Aber alles das ging an mir vorüber.
"Wie kommst du da drauf?" wollte ich wissen.
"Du siehst so aus. Du bist sonst so fröhlich und seit ein paar Tagen bist du wie ausgewechselt."
"Ich mag nicht darüber reden."
"Hey, was ist los?!"
"Florian, bitte, das verstehst du nicht."
"Vielleicht verstehe ich mehr, als du glaubst. Vielleicht bin ich auch nicht so blind, wie du glaubst."
Ich schaute ihn an: "Was meinst du damit?"
"Was ich damit meine, sage ich dir, wenn du mir erzählst, was mit dir los ist. Erst dann."
Ich schob ihn beiseite und versuchte ruhig zu bleiben: "Ich will nicht darüber reden. Wirklich nicht."
Flo seufzte: "Dann eben nicht. Ich dachte, ich kann dir irgendwie helfen."
Ich mußte lächeln. Zum ersten Mal seit so vielen Tagen, lächelte ich. "Es ist lieb von dir, wirklich. Aber im Moment, im Moment...", die Tür zur Umkleide ging auf und Nils kam rein. Mir wurde schwarz vor Augen und ich schaffte es gerade noch, meinen Satz zu Ende zu bringen, "im Moment muß ich da alleine durch."
Ich stehe auf dem Parkplatz. Die Luft klebte wieder. In Hamburg war irgendwie immer eine Brise und trotz der Großstadt immer irgendwie frische Luft. Hier in Schwaben klebt im Sommer alles. Ich setze mich in den Bus in die letzte Reihe. Laßt mich in Ruhe. Ich brauche es nicht zu sagen, alle scheinen es zu respektieren, scheinen es zu merken. Wir rumpeln durch die Gegend. Landschaft zieht am Fenster vorbei. Die anderen lachen, blödeln rum. Ich gehöre nicht dazu. Ich gehöre nirgends dazu. Der Bus hält an einem Gasthaus. Großes gemeinsames Abendessen. Irgendwo in einer grölenden, lachenden Horde Jungs sitzt Tim, Tim ganz alleine. Es ist schon nach zwölf, als wir endlich wieder in Bergbach eintrudeln. Der Bus bringt uns noch bis zur Tür jedes einzelnen. Als er bei Nils hält, ist mir fast so, als müßte ich mit aussteigen. Nur eine Sekunde. Ich versuche, ihm nicht nachzuschauen. Der Bus biegt an unserer Kreuzung wieder in die Hauptstraße ein. An unserer Kreuzung. Wieder läuft ein Film in mir ab, was für Momente wir hier verbracht hatten. Als nächstens hält der Bus vor dem Hügel zu unserer Siedlung. Flo boxt mir freundschaftlich auf den Arm: "Kopf hoch."
Ich nicke. Falle ins Bett und schlafe.
Den Nachmittag heute habe ich damit verbracht, meine alten Tagebücher zu lesen. Was ist das für ein Leben. Ob es anderen schwulen Jungs genauso geht? Wann ist denn endlich mal Ruhe? Wann kann ich endlich mal die Augen zu machen und mich treiben lassen, Spaß haben? Ohne Angst zu haben, daß jemand rausbekommt, daß ich schwul bin, ohne Angst, daß mich mein Freund verläßt, ohne Angst zu haben, allein durch die Welt zu laufen?
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