Dienstag, 9. September 1997
9. September
"Das ist zu kompliziert für dich."
"Das ist nicht zu kompliziert für mich."
"Ich habe gesagt, wir trainieren nur die Basics."
"Die Basics, die Bascis. Zeig' mir endlich, was ich gegen den Crossface machen kann."
Nils seufzte, legte sich auf die Matte und ließ mich den Griff probieren.
"Arme auseinander, breit machen, nicht elf und zwei Uhr sondern elf und drei Uhr. Vielleicht vier."
"Aha, und wenn ich das nicht schnell genug schaffe?"
"Abwarten, ob er einen Fehler macht und du ihn bei der Drehung übertragen kannst."
"Na toll."
"Bewege halt deinen Arm. Du mußt schnell sein. Ich weiß, das liegt dir nicht. Jedenfalls nicht außerhalb vom Bett."
"Du Arsch!"
Zur Rache ging ich an seine Beine und probierte einen Crotch Lift: "Geht auch so."
"Wenn du Glück hast."
"Bist du eigentlich irgendwann mal zufrieden?"
"Nein, wieso auch? Aber vielleicht läßt du mich jetzt einfach los."
"Nö, wieso denn? Mir gefällt das ganz gut. Wehr' dich doch."
Nils wand sich unter mir, doch ich legte mein ganzes Gewicht auf ihn.
"Ist ja gut jetzt!"
Ich ließ ihn los. Er grinste. "Vielleicht sollte ich dir noch ein paar Dirty Tricks zeigen?"
"Was sind Dirty Tricks?"
"Sachen, die man macht und die der Schiedsrichter nicht sieht."
"Was für Sachen?"
"Muß ich dir das erklären oder vielleicht vorführen?"
"Nein, laß mal. Wenn ich gewinne, dann will ich richtig gewinnen und nicht mit solchen Tricks."
"Du mußt aber damit rechnen, daß dein Gegner so was macht."
"Nein, ich will gar nicht daran denken. Es ist bisher ohne gegangen und es wird weiter ohne gehen."
Nils guckte mich mitleidig an: "Politisch und sportlich korrekt, der Tim."
"Mensch, wenn ich erst mal mit so was anfange, dann kann ich gleich einpacken. Ich ringe, weil es mir Spaß macht. Natürlich auch, weil ich gewinnen will. Aber wenn ich nur deshalb gewinne, weil ich irgendwelche unerlaubten Sachen mache, dann würde ich mir irgendwie total hinterhältig und verlogen vorkommen. Und ich glaube, ich würde mich nicht darüber freuen, wenn ich gewinne."
"Nicht mal gegen Heiko?"
"Erst recht nicht gegen Heiko."
Die anderen Jungs kamen in die Halle zum Training. Flo zwinkerte mir zu: "Na? Leipzig kommt immer näher, was?"
"Hör bloß auf. Vielleicht fahre ich ja gar nicht."
"WAS?" Nils und Flo gleichzeitig wie aus der Pistole geschossen.
Ich grinste. "Nee, ich fahre ja schon. Aber macht euch nicht zu große Hoffnungen. Einen Pokal hole ich bestimmt nicht."
"Mir würde es ja schon reichen, wenn du uns nicht total blamierst", meinte Nils.
So ein Penner. Ich weiß doch genau, daß es ihm völlig egal ist, wie ich im Gesamtergebnis abschneide. So lange ich nur gegen Heiko gewinne.
Fünf Stunden Training. Ich war fertig und sogar Nils zeigte leichte Ermüdungserscheinungen.
"Zum Donald?"
Er nickte. Wir schlugen uns den Bauch voll und ärgerten das Mädel am Counter, weil wir immer gerade das nachbestellten, was sie nicht da hatten. Die Kuh war aber auch total blöde und tippte Sachen ein, die wir gar nicht bestellen wollten: "Storno! Der Kunde will das Produkt nicht!"
"Der Kunde will das Produkt, was er bestellt hat und nicht eine Kirsch- anstatt einer Apfeltasche!", schrie ich.
"Ich glaube, wenn du überall jobben würdest, bei McDo bestimmt nicht, oder?"
"Vielleicht doch. Aber ich würde mich nicht so dusselig anstellen."
"Ich befürchte, du würdest den ganzen Laden umkrempeln."
Ich lachte: "Schon möglich. Als erstes würde ich diese leidige Baustelle vor der Tür beseitigen."
"Immerhin, das hat ewig gedauert, bis die Umgehung durch war."
"Na toll, wenn diese Umgehungsbrezel fertig ist, dann kommst du nur noch mit einem Auto hier her."
McDo ist so was von unromantisch. Doch ich lehnte mich zurück und schaute Nils einfach nur an und er strahlte. Ich glaube, wir können überall zusammen glücklich sein. Sogar an so einem bonbonfarbenen Plastik-Ort.
"Wollen wir morgen Vormittag ein bissele Einkaufen gehen?"
"Einkaufen? Was denn einkaufen? Und wo?"
"Na hier, in Bergbach. Winterklamotten und so."
"Winterklamotten? Winterklamotten?" Ich schrie wohl so laut, daß uns die anderen Gäste komisch anguckten.
"Winterklamotten braucht man im Winter. Jetzt ist Sommer. Naja, jedenfalls fast Sommer. Aber bestimmt nicht Winter."
"Wenn Winter ist, ist es zu spät, Klamotten einzukaufen."
"Ich gehe doch nicht im September los und kaufe Winterklamotten ein. Und erst recht nicht in Bergbach."
Nils seufzte: "Du bist unverbesserlich. Du bist so überhaupt nicht von hier."
"Natürlich bin ich nicht von hier, ich bin aus Hamburg."
"Braucht man da keine Sachen für den Winter?"
"Menno! Natürlich braucht man da auch Sachen für den Winter. Ach, du verstehst das nicht."
"Doch, ich verstehe das schon. Tim lebt von einen Tag auf den anderen. Nur nichts planen, nicht vorsorgen."
"Was heißt denn vorsorgen? So ganz schwäbisch? Schaffe, schaffe, Häusle baue?"
"Immerhin geht es UNS gut in Bawü."
"Nils, bitte, was soll denn DAS jetzt? Ok, wir können einkaufen gehen. Aber bitte, bitte nicht hier in Bergbach. Laß uns wenigstens nach Stuttgart fahren."
Nils grinste. "Ich glaube, du wirst nie ohne eine Großstadt leben können, oder?"
"Ganz bestimmt nicht."
"Gut, dann tapern wir am Samstag nach Stuttgart zum Einkaufen." "Tapern. Du hast 'tapern' gesagt."
"Ja und?"
"Ach nichts." Ich grinste in mich hinein.
"Willst du noch was, oder wollen wir fahren?"
"Was ich noch will, kriege ich hier nicht", meinte ich.
"Ferkel."
"Wieso?" fragte ich und setzte mein unschuldigstes Lächeln auf.
"Das ist nicht zu kompliziert für mich."
"Ich habe gesagt, wir trainieren nur die Basics."
"Die Basics, die Bascis. Zeig' mir endlich, was ich gegen den Crossface machen kann."
Nils seufzte, legte sich auf die Matte und ließ mich den Griff probieren.
"Arme auseinander, breit machen, nicht elf und zwei Uhr sondern elf und drei Uhr. Vielleicht vier."
"Aha, und wenn ich das nicht schnell genug schaffe?"
"Abwarten, ob er einen Fehler macht und du ihn bei der Drehung übertragen kannst."
"Na toll."
"Bewege halt deinen Arm. Du mußt schnell sein. Ich weiß, das liegt dir nicht. Jedenfalls nicht außerhalb vom Bett."
"Du Arsch!"
Zur Rache ging ich an seine Beine und probierte einen Crotch Lift: "Geht auch so."
"Wenn du Glück hast."
"Bist du eigentlich irgendwann mal zufrieden?"
"Nein, wieso auch? Aber vielleicht läßt du mich jetzt einfach los."
"Nö, wieso denn? Mir gefällt das ganz gut. Wehr' dich doch."
Nils wand sich unter mir, doch ich legte mein ganzes Gewicht auf ihn.
"Ist ja gut jetzt!"
Ich ließ ihn los. Er grinste. "Vielleicht sollte ich dir noch ein paar Dirty Tricks zeigen?"
"Was sind Dirty Tricks?"
"Sachen, die man macht und die der Schiedsrichter nicht sieht."
"Was für Sachen?"
"Muß ich dir das erklären oder vielleicht vorführen?"
"Nein, laß mal. Wenn ich gewinne, dann will ich richtig gewinnen und nicht mit solchen Tricks."
"Du mußt aber damit rechnen, daß dein Gegner so was macht."
"Nein, ich will gar nicht daran denken. Es ist bisher ohne gegangen und es wird weiter ohne gehen."
Nils guckte mich mitleidig an: "Politisch und sportlich korrekt, der Tim."
"Mensch, wenn ich erst mal mit so was anfange, dann kann ich gleich einpacken. Ich ringe, weil es mir Spaß macht. Natürlich auch, weil ich gewinnen will. Aber wenn ich nur deshalb gewinne, weil ich irgendwelche unerlaubten Sachen mache, dann würde ich mir irgendwie total hinterhältig und verlogen vorkommen. Und ich glaube, ich würde mich nicht darüber freuen, wenn ich gewinne."
"Nicht mal gegen Heiko?"
"Erst recht nicht gegen Heiko."
Die anderen Jungs kamen in die Halle zum Training. Flo zwinkerte mir zu: "Na? Leipzig kommt immer näher, was?"
"Hör bloß auf. Vielleicht fahre ich ja gar nicht."
"WAS?" Nils und Flo gleichzeitig wie aus der Pistole geschossen.
Ich grinste. "Nee, ich fahre ja schon. Aber macht euch nicht zu große Hoffnungen. Einen Pokal hole ich bestimmt nicht."
"Mir würde es ja schon reichen, wenn du uns nicht total blamierst", meinte Nils.
So ein Penner. Ich weiß doch genau, daß es ihm völlig egal ist, wie ich im Gesamtergebnis abschneide. So lange ich nur gegen Heiko gewinne.
Fünf Stunden Training. Ich war fertig und sogar Nils zeigte leichte Ermüdungserscheinungen.
"Zum Donald?"
Er nickte. Wir schlugen uns den Bauch voll und ärgerten das Mädel am Counter, weil wir immer gerade das nachbestellten, was sie nicht da hatten. Die Kuh war aber auch total blöde und tippte Sachen ein, die wir gar nicht bestellen wollten: "Storno! Der Kunde will das Produkt nicht!"
"Der Kunde will das Produkt, was er bestellt hat und nicht eine Kirsch- anstatt einer Apfeltasche!", schrie ich.
"Ich glaube, wenn du überall jobben würdest, bei McDo bestimmt nicht, oder?"
"Vielleicht doch. Aber ich würde mich nicht so dusselig anstellen."
"Ich befürchte, du würdest den ganzen Laden umkrempeln."
Ich lachte: "Schon möglich. Als erstes würde ich diese leidige Baustelle vor der Tür beseitigen."
"Immerhin, das hat ewig gedauert, bis die Umgehung durch war."
"Na toll, wenn diese Umgehungsbrezel fertig ist, dann kommst du nur noch mit einem Auto hier her."
McDo ist so was von unromantisch. Doch ich lehnte mich zurück und schaute Nils einfach nur an und er strahlte. Ich glaube, wir können überall zusammen glücklich sein. Sogar an so einem bonbonfarbenen Plastik-Ort.
"Wollen wir morgen Vormittag ein bissele Einkaufen gehen?"
"Einkaufen? Was denn einkaufen? Und wo?"
"Na hier, in Bergbach. Winterklamotten und so."
"Winterklamotten? Winterklamotten?" Ich schrie wohl so laut, daß uns die anderen Gäste komisch anguckten.
"Winterklamotten braucht man im Winter. Jetzt ist Sommer. Naja, jedenfalls fast Sommer. Aber bestimmt nicht Winter."
"Wenn Winter ist, ist es zu spät, Klamotten einzukaufen."
"Ich gehe doch nicht im September los und kaufe Winterklamotten ein. Und erst recht nicht in Bergbach."
Nils seufzte: "Du bist unverbesserlich. Du bist so überhaupt nicht von hier."
"Natürlich bin ich nicht von hier, ich bin aus Hamburg."
"Braucht man da keine Sachen für den Winter?"
"Menno! Natürlich braucht man da auch Sachen für den Winter. Ach, du verstehst das nicht."
"Doch, ich verstehe das schon. Tim lebt von einen Tag auf den anderen. Nur nichts planen, nicht vorsorgen."
"Was heißt denn vorsorgen? So ganz schwäbisch? Schaffe, schaffe, Häusle baue?"
"Immerhin geht es UNS gut in Bawü."
"Nils, bitte, was soll denn DAS jetzt? Ok, wir können einkaufen gehen. Aber bitte, bitte nicht hier in Bergbach. Laß uns wenigstens nach Stuttgart fahren."
Nils grinste. "Ich glaube, du wirst nie ohne eine Großstadt leben können, oder?"
"Ganz bestimmt nicht."
"Gut, dann tapern wir am Samstag nach Stuttgart zum Einkaufen." "Tapern. Du hast 'tapern' gesagt."
"Ja und?"
"Ach nichts." Ich grinste in mich hinein.
"Willst du noch was, oder wollen wir fahren?"
"Was ich noch will, kriege ich hier nicht", meinte ich.
"Ferkel."
"Wieso?" fragte ich und setzte mein unschuldigstes Lächeln auf.
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