Freitag, 27. Juni 1997

27. Juni

"Ist das wahr?"
Ich blickte Doris fragend an.
"Ist das wahr, was Florian erzählt hat, daß du das warst, mit Nils' demoliertem Gesicht?"
"Ja", murmelte ich.
Doris seufzte tief und setzte sich auf die Stufen vor unserer Schule. Es war ein Seufzen, das eigentlich schon alles aussagte: 'Tim, was soll man nur mit dir machen?' Aber sie sagte nichts. Stattdessen stand sie wieder auf und lief auf und ab. Nach einer halben Ewigkeit fragte sie: "Und?"
"Was und?"
"Stell' dich nicht blöd. Was ist nun los?"
"Nichts ist los. Nils hat Schluß gemacht. Ich war völlig grundlos eifersüchtig, habe meinen Freund zusammengeschlagen und der hat Schluß gemacht. So einfach ist das."
"Na toll. Aber weißt du was? Ich nehme dir diese Vernunftsmasche nicht ab!"
"Du brauchst mir überhaupt nichts abzunehmen, aber es ist so. Es ist aus zwischen Nils und mir. Und ich bin Schuld. Ich bin an allem Schuld. Ich mache alles immer kaputt."
"Der Tim und sein Selbstmitleid, fast könnte man heulen."
"Vielen Dank, daß du mich auch noch fertigmachst."
"Ich bin langsam müde, dich immer und immer wieder aus irgendwelchen Tiefs rauszuholen, dich zu trösten, dich aufzubauen. Und du hast nichts Besseres zu tun, als alles bei der nächstmöglichen Gelegenheit wieder einzureissen. Manachmal glaube ich, du willst gar nicht glücklich sein."
"Ich WILL glücklich sein! Das ist doch alles was ich will!"
Wollte mich Doris jetzt auch noch fertigmachen? Soll sie nur. Mich kann jetzt nichts mehr schocken. Ich weiß, daß ich von jetzt an alleine klarkommen muß.

Zu Hause fange ich an aufzuräumen. All das, was seit unserem Einzug liegengeblieben ist, auf Stapeln liegt habe ich sortiert oder in den Müll geworfen. Es ist, als wenn ich dadurch, daß ich Ordnung in meinem Zimmer mache, Ordnung in meinem Kopf schaffe.

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