Sonntag, 18. Mai 1997
18. Mai
"Es heißt Morbus Hodgkin. Die Ärzte meinen, daß man es ganz gut behandeln kann. Mit einer Heilungschance von 98%"
Da sitzt Tobias und sieht eigentlich aus wie immer. Nein, er sieht nicht so aus wie immer. Am Hals hat er ein großes Pflaster, ein Infusionsschlauch verschwindet irgendwo in einem Verband an seiner Hand. Ich habe einen Kloß im Hals und bin gleichzeitig dankbar, daß Nils und Doris bei mir sind. Tobias erzählt und er erzählt, als wenn es gar nicht seine Krankheit ist sondern als wenn er ein Referat in Biologie hält. Er wirkt auf einmal so unendlich erwachsen. Es ist so eine Art Leukämie oder ein Krebs von den Lymphknoten. Diese komische Halsentzündung, diese Schwellung, die er hatte, das waren wohl die ersten Zeichen davon. Er meint, dadurch, daß das alles noch sehr früh erkannt worden ist, sind die Chancen wohl gut. Nun bekommt er für mehrere Monate Medikamente. Ihm werden die Haare ausfallen und alles solche entsetzlichen Sachen. Nächste Woche kommt er aber zurück nach Hause und kann die Kontrollen wohl bei uns in Bergbach im Krankenhaus machen.
Ich werde dieses Bild nicht mehr los. Dieses Bild, wie er uns am Fahrstuhl verabschiedet, mit diesem schrecklichen Gestell mit der Infusionspumpe dran neben ihm. Und so unendlich tapfer. Und ich kann immer noch nichts Gescheites sagen. Nur, daß ich ihn besuchen werde, sobald er wieder zurück ist.
Dad wartet auf dem Parkplatz auf uns. Eine stille Rückfahrt, jeder hängt wahrscheinlich seinen Gedanken nach. Wir setzen Doris zu Hause ab. Nils kommt noch mit zu mir.
"Ich war mal in Tobias verknallt", sage ich ihm, als wir allein in meinem Zimmer sind.
"Ich weiß, das hast du mir irgendwann mal erzählt. Und wie geht es dir jetzt?"
"Ich mache mir Gedanken darüber, daß ich seit Ewigkeiten nicht mehr mit ihm geredet habe."
Nils nickt und drückt mich: "Vorwürfe?"
"Vielleicht ja. Ich bin mir nicht sicher. Ich bekomme einen Schreck, wie schnell man einen Menschen vergessen kann. Wie schnell jemand unwichtig wird."
"Aber er ist doch nicht unwichtig für dich. Immerhin geht es dir schon mächtig an die Nieren. Auf jeden Fall warst du heute da und hast ihn besucht. Und das ist gut so"
Ich nickte. Und drückte ihn ganz fest. Es ist schön, daß er da ist.
Da sitzt Tobias und sieht eigentlich aus wie immer. Nein, er sieht nicht so aus wie immer. Am Hals hat er ein großes Pflaster, ein Infusionsschlauch verschwindet irgendwo in einem Verband an seiner Hand. Ich habe einen Kloß im Hals und bin gleichzeitig dankbar, daß Nils und Doris bei mir sind. Tobias erzählt und er erzählt, als wenn es gar nicht seine Krankheit ist sondern als wenn er ein Referat in Biologie hält. Er wirkt auf einmal so unendlich erwachsen. Es ist so eine Art Leukämie oder ein Krebs von den Lymphknoten. Diese komische Halsentzündung, diese Schwellung, die er hatte, das waren wohl die ersten Zeichen davon. Er meint, dadurch, daß das alles noch sehr früh erkannt worden ist, sind die Chancen wohl gut. Nun bekommt er für mehrere Monate Medikamente. Ihm werden die Haare ausfallen und alles solche entsetzlichen Sachen. Nächste Woche kommt er aber zurück nach Hause und kann die Kontrollen wohl bei uns in Bergbach im Krankenhaus machen.
Ich werde dieses Bild nicht mehr los. Dieses Bild, wie er uns am Fahrstuhl verabschiedet, mit diesem schrecklichen Gestell mit der Infusionspumpe dran neben ihm. Und so unendlich tapfer. Und ich kann immer noch nichts Gescheites sagen. Nur, daß ich ihn besuchen werde, sobald er wieder zurück ist.
Dad wartet auf dem Parkplatz auf uns. Eine stille Rückfahrt, jeder hängt wahrscheinlich seinen Gedanken nach. Wir setzen Doris zu Hause ab. Nils kommt noch mit zu mir.
"Ich war mal in Tobias verknallt", sage ich ihm, als wir allein in meinem Zimmer sind.
"Ich weiß, das hast du mir irgendwann mal erzählt. Und wie geht es dir jetzt?"
"Ich mache mir Gedanken darüber, daß ich seit Ewigkeiten nicht mehr mit ihm geredet habe."
Nils nickt und drückt mich: "Vorwürfe?"
"Vielleicht ja. Ich bin mir nicht sicher. Ich bekomme einen Schreck, wie schnell man einen Menschen vergessen kann. Wie schnell jemand unwichtig wird."
"Aber er ist doch nicht unwichtig für dich. Immerhin geht es dir schon mächtig an die Nieren. Auf jeden Fall warst du heute da und hast ihn besucht. Und das ist gut so"
Ich nickte. Und drückte ihn ganz fest. Es ist schön, daß er da ist.
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