Freitag, 5. April 1996

5. April

»Bahn frei!«
Wir sind auf der Autobahn. Und mich packt tatsächlich das Reisefieber. Hamburg, ich komme! Ich denke an Tobi. Bestimmt schläft er noch. In seinem kleinen dunklen Zimmer. Tobi, wovon träumst du gerade? Ich stelle mir vor, ich sitze auf seinem Bett, während er schläft. Meine Hand streicht ganz langsam durch seine Locken, seinen Rücken hinunter. Shit, wir halten: Pause. Hoffentlich sieht niemand meinen Ständer.

On the road again. Tobi ist verschwunden. Ich will über die Elbbrücken. Mom und Dad sind dagegen. Also fahren wir durch den Tunnel. Die erste Ausfahrt hinter dem Tunnel. War hier früher schon alles so dreckig? Es muß wohl am Regen liegen. Oma steht schon in der Einfahrt. Und Phil.


17:30

Uff, so viel habe ich lange nicht mehr erzählt. Oma und Phil wollen alles wissen. Oma hat tollen Kuchen gebacken, ganz anders als der von Doris. Jetzt habe ich mich abgesetzt und bin zur Elbe runtergegangen. Ich blicke ins Wasser und atme tief ein. Wie schön wäre es, wenn jetzt Tobi hier wäre. Oh, Phil kommt.


21:12
»Hier steckst du also«, lachte Phil. »Dacht' ich mir's doch. Hier hast du dich als kleiner Junge schon immer rumgetrieben.«
Kleiner Junge, na toll, wieder ganz der große Bruder. Wir haben lange miteinander geredet. Ich habe ihm erzählt, wie öde ich es in Bergbach finde. Von Tobi habe ich ihm nichts erzählt.
»Und wie ist es mit den Mädels?«
»Bauerntrampel.« Sorry, Doris, dich meine ich nicht. Nicht wirklich
»Also gibt’s da unten absolut nichts für mein kleines Brüderchen?«
»Hmm, vielleicht doch, aber...« Shit, ich wollte es ihm eigentlich sagen, aber ich traute mich nicht. Phil guckte mich komisch an, ganz vielsagend: »O.k., wenn du so weit bist, erzählst du es mir. Vergiß nicht, ich kenne dich mindestens ebenso lange wie du dich.«
Ich weiß nicht, was er mit »wenn du so weit bist« meinte. Weiß er es etwa? Aber woher?

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