Sonntag, 21. September 1997
21. September
"Bist du der Meinung, wir sollten uns trennen?"
"Nein doch, verdammt noch mal nein."
Nils saß auf dem großen Stein und schaute ins Tal. Die anderen hinter uns amüsierten sich prächtig und erzählten sich kichernd Szenen aus der RTL Samstag Nacht Show. Nils war irgendwann aufgestanden und hatte sich dorthin gesetzt.
"Ich will dich nicht verlieren", fügte ich hinzu.
"Warum hast du mir keine Szene gemacht, als ich dir das mit Sascha erzählt habe? Warum bist du nicht ausgerastet?"
"Vielleicht weil ich dich liebe?" Ich wußte, es war nur die halbe Wahrheit. "Wirst du ihn wieder sehen?"
"Nein, das habe ich dir doch gesagt, es ist vorbei."
"Warum dieser Typ. Warum ausgerechnet DIESER Typ?"
"Ich weiß es nicht. Ich weiß es echt nicht. Vielleicht, weil er so leicht zu kriegen war, weil ich sehen wollte, ob ich ihn kriegen kann. Was weiß ich. Ist es nicht völlig egal, ob dieser Typ oder jemand anderes? Warum dieser Typ? Warum Heiko?"
Na toll, irgendwann mußte das ja kommen. "Laß Heiko da raus, bitte, das ist etwas total anderes."
"Du hast recht. Das ist was total anderes. Es ist mit ihm viel schlimmer als mit Sascha und mir."
"Ich will nicht über Heiko reden. Jetzt nicht."
"Wenn er plötzlich vor dir steht und sagt 'Laß uns Sex zusammen haben', was machst du dann?"
Ich wollte nicht antworten, plötzlich war ich in einer Verteidigungsposition, die mir überhaupt nicht gefiel. Doch ich antworte, und es lag wahrscheinlich an dem Bier, daß ich auch noch ehrlich antworte: "Ich würde sagen: 'Na dann los!'"
"Siehst du. Du kannst auch nicht treu sein."
"Ich finde es unfair, daß du ausgerechnet Heiko da mit reinziehst."
"Soll ich jemanden anderes damit reinziehen? Gibt es noch jemand anderes, mit dem du fremdgegangen bist?"
"Hey, vorsichtig mein Schatz, ganz vorsichtig. Du willst mir doch jetzt nicht etwa einreden, daß du nur deshalb mit Sascha rumgemacht hast, weil ich was mit Heiko hatte."
Trotz Bier hatte ich es geschafft, die Kurve zu kriegen. Sollte ich ihm vielleicht jetzt noch die Sache mit Maik erzählen?
Nils schwieg. Ich durchschaute ihn. Dafür kannte ich ihn zu gut. Dafür wußte ich, wie er reagiert und ich kannte ihn auch zu gut vom Ringen. Immer bereit zum Gegenangriff. Mir war völlig klar, was er damit bezweckte.
"Ich will doch nur wissen, wie es jetzt weitergeht."
"Laß uns etwas spazieren gehen."
Ich nickte Phil zu, so als stummes Zeichen, er soll aufpassen, daß sich die anderen vernünftig benehmen, obwohl ich eigentlich keine Sorge hatte, daß Doris, Max oder Flo sich irgendwie daneben benehmen könnten. Nils und ich taperten in Richtung Viereckschanze.
"Paß auf, Nils. Ich will ehrlich sein. Ich liebe dich, ich liebe dich wirklich. So wie ich noch nie jemanden geliebt habe. Und ich will dich nicht verlieren, ich will dich nie verlieren und immer mit dir zusammen sein. Das ist alles, was ich dir sagen kann."
"Mir geht es doch genauso. Ich will dich nicht verlieren, denn ich liebe dich doch auch. Und daß ich mit Sascha rumgemacht habe, das hat irgendwie, irgendwie hat das nichts mit uns zu tun. Das hatte vor allem nichts mit Liebe zu tun, das war einfach nur Sex, einfach nur...", er zögerte, "Geilheit."
Er hatte das ausgesprochen, was mir schon eine ganze Zeit im Kopf rumgeht. Also ist es vielleicht doch möglich, mit jemanden Sex zu haben, einfach, weil man geil ist auf ihn. Ohne daß man ihn liebt. Daß man gleichzeitig jemanden anderes trotzdem lieben kann.
"Heißt das jetzt, daß wir einfach so munter losziehen und mit jeden Sex haben, wie wir lustig sind?" Ich wußte, daß diese Frage total provokativ gemeint war, ich weiß ja auch nicht, warum sie mir rausrutschte.
Doch Nils sprang auf meine Provokation an: "Solange keine Liebe dabei ist." Zum Glück konnte er nicht meinen verblüfften Gesichtsausdruck sehen. "Außerdem kennen wir uns doch beide", fuhr er fort, "das machen wir doch sowieso nicht so."
Hatte ich das jetzt richtig verstanden? Haben wir uns jetzt gegenseitig einen Freibrief zum Fremdgehen ausgestellt? Wo driften wir plötzlich hin? Es ist seltsam. Eine Sache, die ich für mich selber nicht hundertprozentig ausschließen kann und will. Diese Sache plötzlich auch Nils zuzugestehen. Ist eine Beziehung, ist Liebe immer mit Treue gekoppelt? Ist Doris Clemens treu und umgekehrt? Ja, ich glaube ja. Sind Mom und Dad treu? Die Vorstellung, daß nicht, ist für mich total undenkbar.
Sind Nils und ich jetzt an der Stelle, wo Heiko und Matthes schon längst sind? So eine Beziehung, wo man fremdgeht, wenn einem danach ist?
Wir kamen zu keinem Ergebnis. Und ich hatte den Eindruck, daß wir das auch nicht wollten. Vielleicht waren wir beide ja ganz glücklich darüber, daß wir keine endgültige Entscheidung treffen mußten. Wir taperten zurück. Den Rest der Party verbrachten wir mit den anderen. Es insgesamt ein netter Abend, ohne viel Action, aber einfach nur nett. Irgendwann gingen dann alle nach Hause, auch Nils. Unser Blick in die Augen ersetzte den Abschiedskuß. Dabei waren es ja eigentlich nur noch Flo und Max, die es nicht wissen. Aber die müssen es auch nicht wissen.
Phil trug die in der Hängematte eingeschlafene Lisa nach oben, was schon etwas seltsam aussah, mit seinem Gipsarm während ich die Reste des Abends in der Spülmaschine entsorgte. Irgendwie habe ich den Eindruck, daß Nils und ich in den letzten Wochen wieder ein Stück erwachsener geworden sind. Wir machen uns plötzlich Gedanken um Dinge, die viel tiefer gehen als sonst.
"Nein doch, verdammt noch mal nein."
Nils saß auf dem großen Stein und schaute ins Tal. Die anderen hinter uns amüsierten sich prächtig und erzählten sich kichernd Szenen aus der RTL Samstag Nacht Show. Nils war irgendwann aufgestanden und hatte sich dorthin gesetzt.
"Ich will dich nicht verlieren", fügte ich hinzu.
"Warum hast du mir keine Szene gemacht, als ich dir das mit Sascha erzählt habe? Warum bist du nicht ausgerastet?"
"Vielleicht weil ich dich liebe?" Ich wußte, es war nur die halbe Wahrheit. "Wirst du ihn wieder sehen?"
"Nein, das habe ich dir doch gesagt, es ist vorbei."
"Warum dieser Typ. Warum ausgerechnet DIESER Typ?"
"Ich weiß es nicht. Ich weiß es echt nicht. Vielleicht, weil er so leicht zu kriegen war, weil ich sehen wollte, ob ich ihn kriegen kann. Was weiß ich. Ist es nicht völlig egal, ob dieser Typ oder jemand anderes? Warum dieser Typ? Warum Heiko?"
Na toll, irgendwann mußte das ja kommen. "Laß Heiko da raus, bitte, das ist etwas total anderes."
"Du hast recht. Das ist was total anderes. Es ist mit ihm viel schlimmer als mit Sascha und mir."
"Ich will nicht über Heiko reden. Jetzt nicht."
"Wenn er plötzlich vor dir steht und sagt 'Laß uns Sex zusammen haben', was machst du dann?"
Ich wollte nicht antworten, plötzlich war ich in einer Verteidigungsposition, die mir überhaupt nicht gefiel. Doch ich antworte, und es lag wahrscheinlich an dem Bier, daß ich auch noch ehrlich antworte: "Ich würde sagen: 'Na dann los!'"
"Siehst du. Du kannst auch nicht treu sein."
"Ich finde es unfair, daß du ausgerechnet Heiko da mit reinziehst."
"Soll ich jemanden anderes damit reinziehen? Gibt es noch jemand anderes, mit dem du fremdgegangen bist?"
"Hey, vorsichtig mein Schatz, ganz vorsichtig. Du willst mir doch jetzt nicht etwa einreden, daß du nur deshalb mit Sascha rumgemacht hast, weil ich was mit Heiko hatte."
Trotz Bier hatte ich es geschafft, die Kurve zu kriegen. Sollte ich ihm vielleicht jetzt noch die Sache mit Maik erzählen?
Nils schwieg. Ich durchschaute ihn. Dafür kannte ich ihn zu gut. Dafür wußte ich, wie er reagiert und ich kannte ihn auch zu gut vom Ringen. Immer bereit zum Gegenangriff. Mir war völlig klar, was er damit bezweckte.
"Ich will doch nur wissen, wie es jetzt weitergeht."
"Laß uns etwas spazieren gehen."
Ich nickte Phil zu, so als stummes Zeichen, er soll aufpassen, daß sich die anderen vernünftig benehmen, obwohl ich eigentlich keine Sorge hatte, daß Doris, Max oder Flo sich irgendwie daneben benehmen könnten. Nils und ich taperten in Richtung Viereckschanze.
"Paß auf, Nils. Ich will ehrlich sein. Ich liebe dich, ich liebe dich wirklich. So wie ich noch nie jemanden geliebt habe. Und ich will dich nicht verlieren, ich will dich nie verlieren und immer mit dir zusammen sein. Das ist alles, was ich dir sagen kann."
"Mir geht es doch genauso. Ich will dich nicht verlieren, denn ich liebe dich doch auch. Und daß ich mit Sascha rumgemacht habe, das hat irgendwie, irgendwie hat das nichts mit uns zu tun. Das hatte vor allem nichts mit Liebe zu tun, das war einfach nur Sex, einfach nur...", er zögerte, "Geilheit."
Er hatte das ausgesprochen, was mir schon eine ganze Zeit im Kopf rumgeht. Also ist es vielleicht doch möglich, mit jemanden Sex zu haben, einfach, weil man geil ist auf ihn. Ohne daß man ihn liebt. Daß man gleichzeitig jemanden anderes trotzdem lieben kann.
"Heißt das jetzt, daß wir einfach so munter losziehen und mit jeden Sex haben, wie wir lustig sind?" Ich wußte, daß diese Frage total provokativ gemeint war, ich weiß ja auch nicht, warum sie mir rausrutschte.
Doch Nils sprang auf meine Provokation an: "Solange keine Liebe dabei ist." Zum Glück konnte er nicht meinen verblüfften Gesichtsausdruck sehen. "Außerdem kennen wir uns doch beide", fuhr er fort, "das machen wir doch sowieso nicht so."
Hatte ich das jetzt richtig verstanden? Haben wir uns jetzt gegenseitig einen Freibrief zum Fremdgehen ausgestellt? Wo driften wir plötzlich hin? Es ist seltsam. Eine Sache, die ich für mich selber nicht hundertprozentig ausschließen kann und will. Diese Sache plötzlich auch Nils zuzugestehen. Ist eine Beziehung, ist Liebe immer mit Treue gekoppelt? Ist Doris Clemens treu und umgekehrt? Ja, ich glaube ja. Sind Mom und Dad treu? Die Vorstellung, daß nicht, ist für mich total undenkbar.
Sind Nils und ich jetzt an der Stelle, wo Heiko und Matthes schon längst sind? So eine Beziehung, wo man fremdgeht, wenn einem danach ist?
Wir kamen zu keinem Ergebnis. Und ich hatte den Eindruck, daß wir das auch nicht wollten. Vielleicht waren wir beide ja ganz glücklich darüber, daß wir keine endgültige Entscheidung treffen mußten. Wir taperten zurück. Den Rest der Party verbrachten wir mit den anderen. Es insgesamt ein netter Abend, ohne viel Action, aber einfach nur nett. Irgendwann gingen dann alle nach Hause, auch Nils. Unser Blick in die Augen ersetzte den Abschiedskuß. Dabei waren es ja eigentlich nur noch Flo und Max, die es nicht wissen. Aber die müssen es auch nicht wissen.
Phil trug die in der Hängematte eingeschlafene Lisa nach oben, was schon etwas seltsam aussah, mit seinem Gipsarm während ich die Reste des Abends in der Spülmaschine entsorgte. Irgendwie habe ich den Eindruck, daß Nils und ich in den letzten Wochen wieder ein Stück erwachsener geworden sind. Wir machen uns plötzlich Gedanken um Dinge, die viel tiefer gehen als sonst.
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