Freitag, 19. September 1997
19. September
"Du sagst ja nichts."
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
"Ich dachte, es ist alles ok, nach gestern."
"Alles ok, alles ok? Was denkst du denn? Du läßt dich von irgendso einer hergelaufenen Schwuchtel anbaggern und machst mit ihr rum und es ist alles ok?"
Ich weiß nicht, warum ich so reagierte. Wir waren mit unserem Sondertraining fertig und saßen vor der Halle und hingen unseren Gedanken nach. Die letzte Nacht ging es mir ewig nicht aus dem Kopf. Nils und dieser Sascha. Warum ausgerechnet dieser Typ? Jeden anderen hätte ich ja vielleicht verstanden. Wobei das absoluter Unsinn ist. Natürlich hätte ich niemand anderes verstanden. Ich verstehe es aber auch nicht. Ich war doch in den letzten Tagen so cool. Habe es überhaupt nicht schlimm gefunden. Und auf einmal will es mir nicht aus dem Kopf gehen, wie Nils mit diesem Sascha rummacht. Es läuft ein Film in meinem Kopf ab. Und ich verstehe es nicht. Aber ich gebe zu, daß ich meine Empörung und meinen Ärger Nils gegenüber tatsächlich auch etwas übertrieben habe. Ich wollte es eigentlich gar nicht, aber irgendwie scheint es mir fast Spaß zu machen, ihn mit schlechtem Gewissen zu sehen. Nils guckte mich lange an, dann senkte er den Kopf und flüsterte: "Es tut mir leid. Tim, wirklich, es tut mir leid, was soll ich denn noch sagen?"
Verdammt noch mal, mein großer Nils, du könntest zum Beispiel sagen, daß ich, ja ich, Tim Berger, damit angefangen habe, fremd zu gehen. Daß ich der Letzte bin, der das Recht hat, dir Vorwürfe zu machen. Aber nein. Du sitzt da, wie ein Häufchen Elend und guckst mich an. Und ich, ich kann nicht anders, ich muß dich in den Arm nehmen.
"Wie gehst es jetzt weiter mit uns?", höre ich mich sagen.
Eine lange Pause, dann: "Ich weiß nur, daß ich dich nicht verlieren will."
"Ich will dich doch auch nicht verlieren, verdammt noch mal. Aber was passiert jetzt?"
"Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht."
"Wie ist es überhaupt dazu gekommen? Ich meine, er hat dir die Telefonnummer gegeben, und dann?"
Nils erzählte mir die ganze Geschichte. Daß es ihn irgendwie interessiert hatte, was dieser Sascha denn nun von ihm wollte und vorhatte. Daß er ihn angerufen hatte, daß sie umständlich ein Date bei Sascha ausgemacht hatten. Und daß es ihm sogar Spaß gemacht hatte. Aber daß er nach dem zweiten Mal dann doch festgestellt hat, daß es total daneben ist und daß er deshalb beschlossen hat, es mir zu sagen.
Mir ging so vieles in dem Moment durch den Kopf. Doch ich drückte ihn und flüsterte ihm ins Ohr: "Wir bleiben zusammen, was immer auch passiert."
Nils drückte mich auch, und es schien ihm egal zu sein, daß wir fast im direkten Licht des Vorplatzes standen. Wir taperten nach Hause, schweigend. Unser langer Kuß zum Abschied: "Ich liebe dich", sagte Nils.
"Ich liebe dich auch", flüsterte ich.
Nun sitze ich zu Hause und grübele. Ich weiß nicht, was mir alles durch den Kopf geht. Ich liebe Nils. Ich liebe ihn wirklich. Wenn ich daran denke, Sachen zu machen, dann denke ich immer daran, sie mit Nils zu machen. Wenn ich an die Zukunft denke, an Ausziehen, an Wegziehen, an eine eigene Wohnung, dann ist da immer Nils dabei. Ich liebe ihn, das was er sagt, wie er es sagt. Ich liebe seine Stimme, seinen Geruch. Ich liebe seinen Körper, seine Art sich zu bewegen. Ich liebe trotz allem seine verrückte Unnachgiebigkeit beim Training, ja ich liebe sogar seinen Fanatismus für's Ringen. Ich liebe es, ihm zuzuhören, mich mit ihm zu streiten, mich mit ihm zu versöhnen. Eigentlich liebe ich alles an ihm, auch das, was mich an ihm stört. Und ich will ihn nicht verlieren.
Aber gleichzeitig ist da auch eine ganz merkwürdige Sache: Für mich kann ich nicht garantieren, daß, wenn irgendein anderer Typ auftaucht, ich dann nichts mit dem mache, wenn sich was ergibt. Und das finde ich gleichzeitig schlimm. Ich liebe Nils und weiß, daß ich eigentlich treu sein muß und ich will es auch. Aber ich weiß eben auch, daß es sein kann, daß ich es nicht bin. Es ist nicht so, daß ich jeden Jungen haben möchte. Aber ich weiß, daß ich spätestens bei Heiko wieder schwach werde. Heiko, warum geht er mir nicht aus dem Kopf? Das Schlimme ist: Wenn es mit Heiko wirklich nur um Sex gehen würde, dann wäre das ja vielleicht ok. Aber da ist mehr. Das ist eben nicht nur Sex, da spielt sich viel mehr ab und ich habe Angst, daß wieder so eine Phase auftritt, daß mich irgendwas, eine winzige Kleinigkeit, an ihn erinnert und daß ich dann wieder für etliche Zeit nicht zu gebrauchen bin, weil ich nur noch an ihn denke. Ich frage mich echt, ob das bei den Heteros auch so ist, mit diesen Problemen.
Ich frage mich auch, wie das nun tatsächlich weitergehen soll. Machen wir jetzt einen Strich unter der Sache mit dem Fremdgehen? Verdammt, das würde ich so gerne, aber ich weiß eben nicht, ob ich das schaffe. Und ich weiß eben auch nicht, ob Nils das schafft. Wenn er schon mit so einem Typen wie Sascha rummacht. Aber was ist die Alternative? Daß wir uns trennen? Weil wir nicht treu sein können? Verdammt, ich weiß es nicht.
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
"Ich dachte, es ist alles ok, nach gestern."
"Alles ok, alles ok? Was denkst du denn? Du läßt dich von irgendso einer hergelaufenen Schwuchtel anbaggern und machst mit ihr rum und es ist alles ok?"
Ich weiß nicht, warum ich so reagierte. Wir waren mit unserem Sondertraining fertig und saßen vor der Halle und hingen unseren Gedanken nach. Die letzte Nacht ging es mir ewig nicht aus dem Kopf. Nils und dieser Sascha. Warum ausgerechnet dieser Typ? Jeden anderen hätte ich ja vielleicht verstanden. Wobei das absoluter Unsinn ist. Natürlich hätte ich niemand anderes verstanden. Ich verstehe es aber auch nicht. Ich war doch in den letzten Tagen so cool. Habe es überhaupt nicht schlimm gefunden. Und auf einmal will es mir nicht aus dem Kopf gehen, wie Nils mit diesem Sascha rummacht. Es läuft ein Film in meinem Kopf ab. Und ich verstehe es nicht. Aber ich gebe zu, daß ich meine Empörung und meinen Ärger Nils gegenüber tatsächlich auch etwas übertrieben habe. Ich wollte es eigentlich gar nicht, aber irgendwie scheint es mir fast Spaß zu machen, ihn mit schlechtem Gewissen zu sehen. Nils guckte mich lange an, dann senkte er den Kopf und flüsterte: "Es tut mir leid. Tim, wirklich, es tut mir leid, was soll ich denn noch sagen?"
Verdammt noch mal, mein großer Nils, du könntest zum Beispiel sagen, daß ich, ja ich, Tim Berger, damit angefangen habe, fremd zu gehen. Daß ich der Letzte bin, der das Recht hat, dir Vorwürfe zu machen. Aber nein. Du sitzt da, wie ein Häufchen Elend und guckst mich an. Und ich, ich kann nicht anders, ich muß dich in den Arm nehmen.
"Wie gehst es jetzt weiter mit uns?", höre ich mich sagen.
Eine lange Pause, dann: "Ich weiß nur, daß ich dich nicht verlieren will."
"Ich will dich doch auch nicht verlieren, verdammt noch mal. Aber was passiert jetzt?"
"Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht."
"Wie ist es überhaupt dazu gekommen? Ich meine, er hat dir die Telefonnummer gegeben, und dann?"
Nils erzählte mir die ganze Geschichte. Daß es ihn irgendwie interessiert hatte, was dieser Sascha denn nun von ihm wollte und vorhatte. Daß er ihn angerufen hatte, daß sie umständlich ein Date bei Sascha ausgemacht hatten. Und daß es ihm sogar Spaß gemacht hatte. Aber daß er nach dem zweiten Mal dann doch festgestellt hat, daß es total daneben ist und daß er deshalb beschlossen hat, es mir zu sagen.
Mir ging so vieles in dem Moment durch den Kopf. Doch ich drückte ihn und flüsterte ihm ins Ohr: "Wir bleiben zusammen, was immer auch passiert."
Nils drückte mich auch, und es schien ihm egal zu sein, daß wir fast im direkten Licht des Vorplatzes standen. Wir taperten nach Hause, schweigend. Unser langer Kuß zum Abschied: "Ich liebe dich", sagte Nils.
"Ich liebe dich auch", flüsterte ich.
Nun sitze ich zu Hause und grübele. Ich weiß nicht, was mir alles durch den Kopf geht. Ich liebe Nils. Ich liebe ihn wirklich. Wenn ich daran denke, Sachen zu machen, dann denke ich immer daran, sie mit Nils zu machen. Wenn ich an die Zukunft denke, an Ausziehen, an Wegziehen, an eine eigene Wohnung, dann ist da immer Nils dabei. Ich liebe ihn, das was er sagt, wie er es sagt. Ich liebe seine Stimme, seinen Geruch. Ich liebe seinen Körper, seine Art sich zu bewegen. Ich liebe trotz allem seine verrückte Unnachgiebigkeit beim Training, ja ich liebe sogar seinen Fanatismus für's Ringen. Ich liebe es, ihm zuzuhören, mich mit ihm zu streiten, mich mit ihm zu versöhnen. Eigentlich liebe ich alles an ihm, auch das, was mich an ihm stört. Und ich will ihn nicht verlieren.
Aber gleichzeitig ist da auch eine ganz merkwürdige Sache: Für mich kann ich nicht garantieren, daß, wenn irgendein anderer Typ auftaucht, ich dann nichts mit dem mache, wenn sich was ergibt. Und das finde ich gleichzeitig schlimm. Ich liebe Nils und weiß, daß ich eigentlich treu sein muß und ich will es auch. Aber ich weiß eben auch, daß es sein kann, daß ich es nicht bin. Es ist nicht so, daß ich jeden Jungen haben möchte. Aber ich weiß, daß ich spätestens bei Heiko wieder schwach werde. Heiko, warum geht er mir nicht aus dem Kopf? Das Schlimme ist: Wenn es mit Heiko wirklich nur um Sex gehen würde, dann wäre das ja vielleicht ok. Aber da ist mehr. Das ist eben nicht nur Sex, da spielt sich viel mehr ab und ich habe Angst, daß wieder so eine Phase auftritt, daß mich irgendwas, eine winzige Kleinigkeit, an ihn erinnert und daß ich dann wieder für etliche Zeit nicht zu gebrauchen bin, weil ich nur noch an ihn denke. Ich frage mich echt, ob das bei den Heteros auch so ist, mit diesen Problemen.
Ich frage mich auch, wie das nun tatsächlich weitergehen soll. Machen wir jetzt einen Strich unter der Sache mit dem Fremdgehen? Verdammt, das würde ich so gerne, aber ich weiß eben nicht, ob ich das schaffe. Und ich weiß eben auch nicht, ob Nils das schafft. Wenn er schon mit so einem Typen wie Sascha rummacht. Aber was ist die Alternative? Daß wir uns trennen? Weil wir nicht treu sein können? Verdammt, ich weiß es nicht.
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