Donnerstag, 14. August 1997

14. August

"Und was machen eure Freundinnen in der Zwischenzeit?"
Noch so eine bekloppte Frage. Die Leute sind so engstirnig in ihren Gedanken. Wir saßen bei Tina und Jakki auf deren Terrasse und hatten diverses Grillzeugs in uns hineingefuttert. Was ziemlich ungerecht war, weil sie in ihrem Bungalow einen Grill haben und wir nicht. Aber egal. Nach drei Flaschen Lambrusco und diversen Kilos Nackensteak waren wir richtig in Gammel- und Chill-Laune. "Wir haben keine Freundin."
Ich blickte zu Nils. Der grinste und zwinkerte mir zu.
"Wieso das denn nicht? Das glaube ich nicht. Gebt es doch zu, ihr zwei seid die totalen Casanovas an eurer Schule, so wie ihr ausseht. Euch rennen die Mädchen doch reihenweise hinterher."
"Vielleicht rennen sie uns ja hinter her, aber", ich guckte zu Nils und der nickte mir zu, "vielleicht wollen wir ja auch gar nichts von ihnen."
Tina kniff ein Auge zu, legte den Kopf schief und guckte mich an. Ich glaube, das machte sie nur, weil sie ziemlich breit war. Es sah jedenfalls reichlich bekloppt aus. "Jetzt erzählt mir nicht auch noch, daß ihr zwei schwul seid."
Zum dritten Mal der fragende Blick zu Nils. Ein Nicken.
"Doch."
"Nein!"
"Doch! Habt ihr das nicht schon auf der Strandparty mitgekriegt?"
"Nein. Also ich meine, ich habe das nicht mitgekriegt. Du etwa?" Tina guckte zu Jakki, die wie blöde vor sich hin gackerte. "Und dafür machen wir uns die Mühe!"
"Welche Mühe?"
"Ach vergiß es."
"Ihr habt doch nicht echt geglaubt..."
"Vergiß es ganz einfach. Ok, ihr zwei seid schwul, ja auch gut. Alles klar. Wieso auch nicht."
Ich wurde den Eindruck nicht los, daß die beiden Mädels etwas enttäuscht waren.
"Wieso seid ihr denn jetzt schon schwul?"
"Was heißt denn 'jetzt schon' ?"
Jakki saß immer noch blöde kichernd in ihrer Ecke. Tina schrie sie an: "Hörst du jetzt endlich auf!"
"Göttlich, das ist einfach nur göttlich", gackerte sie, "da versuchen wir die beiden einzigen niedlichen Typen hier anzugraben und dann sind die schwul. Ich werf' mich weg."
Nils und ich guckten uns an und fingen nun auch an loszuprusten. Das war ja alles so total daneben.
"IHR findet das natürlich total witzig, was?"
"Ja! Doch, schon."
Mir ging es richtig gut. Tina hatte ganz offensichtlich zu viel Wein getrunken: "Ich will jetzt einen Typen haben, einen richtigen Mann." Sie schrie laut, so daß es wahrscheinlich das ganze Feriendorf hörte: "Ist hier irgendwo ein Mann, der mich endlich mal fickt!?"
Nils und ich guckten uns an. Wir wußten nicht so richtig, ob uns die ganze Szene peinlich sein sollte, oder ob wir es einfach nur lustig fanden. Wir entschlossen uns für's lustig finden und fingen an zu lachen. Von nebenan kam ein "Ruhe" angeschrien.
"Ich glaube, es ist Zeit, daß ihr beide geht", meinte Jakki und schob uns von der Veranda, "wir sehen uns morgen am Strand."
Den Weg über zu unserem Bungalow waren wir nur am Kichern. Als wir die Tür hinter uns geschlossen hatten, sahen wir uns an und lagen uns in den Armen.
"Was ist der Unterschied zwischen Heteros und Schwulen?"
"Die Heteros sind noch bekloppter als wir."
Nils lachte: "Und wenn ich noch tausend Mal mehr bekloppt sein müßte: Ich liebe dich!"

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