Montag, 8. April 1996

8. April

»Du redest im Schlaf.«
»Ach ja? Und du schnarchst. Was habe ich denn erzählt?«
»Du hast ständig so was wie ›Tobi, Tobi‹ vor dich hin gemurmelt.«
»Nein, ich ...« Oh Shit, hatte ich von Tobi geträumt? Ich kann mich nicht erinnern. Jetzt muß ich schon im Schlaf aufpassen. Phil blickte forschend zu mir rüber. Ich sah zu, daß ich im Bad verschwand. Zum Glück bohrte er später nicht mehr nach.

Mittags sind wir zur Alster gefahren, haben was gegessen und sind spazieren gegangen. Ich habe Doris eine Postkarte geschickt und groß »Grüß mir die Kühe« raufgeschrieben. Komisch. Früher habe ich nie Postkarten geschrieben.

Dann sind wir noch nach Fischbek gefahren, unser altes Haus anschauen. Es war schon ein komisches Gefühl. Ich wäre am liebsten ausgestiegen und reingegangen.
Mom meinte, unsere Nachfolger hätten die Terrasse neu bepflanzt. Ich wollte noch am Gysue vorbeifahren, doch Phil protestierte und meinte, er hätte schließlich Ferien.

Am S-Bahnhof hab ich dann Tassi gesehen und schrie »Stop!« Dad machte eine Vollbremsung, und Mom bekam fast einen Herzanfall. Ich sprang aus dem Auto. Tassi und ich haben uns ziemlich lange unterhalten. Irgendwann begann Dad zu hupen, und ich sagte, sie sollen ruhig schon vorfahren ich würde später nachkommen. Mom versäumte natürlich nicht, mich daran zu erinnern, daß wir morgen ganz früh zurück müssen. Ja, ja. Es ist komisch, sie schafft es mir immer wieder, daß ich ein schlechtes Gewissen bekomme.

Wir sind zu Tassi gegangen und haben ewig gequatscht. Er wäre fast von der Schule geflogen, als von Senden ihn beim Shit-Rauchen auf dem Klo erwischt hatte. Ich hätte ihn gerne nach Jost gefragt, doch ich traute mich nicht, und wenn ich es mir recht überlege, habe ich die ganze Zeit in Bergbach nicht einmal mehr an ihn gedacht. Es ist komisch, plötzlich frage ich mich, ob ich Tobi auch irgendwann mal so schnell vergessen werde.

Schließlich hat mich Tassis Vater zurückgefahren. Mom und Dad saßen mit Oma im Wohnzimmer und schauten mich so seltsam an. Schließlich fragte mich Dad, ob ich nicht für den Rest der Ferien hier bei Oma bleiben will. Wow, ich war total baff und strahlte. »Aber benimm dich«, lachte Mom. Ich nahm es ihr diesmal nicht mal übel.
Jetzt liege ich im Bett und freue mich. Eine Woche Gnadenfrist in Hamburg. Schade, daß Phil nicht da ist, er zieht gerade mit ein paar Kumpels durch die Gegend, aber er weiß es bestimmt sowieso schon. Ich überlege mir gerade und wäge ab: eine Woche Hamburg gegen eine Woche später Tobi sehen. Doch, ich glaube, ich bin für Hamburg. Tobi läuft nicht weg, erst recht nicht aus Bergbach.

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