"Ja, der ist hier. Moment.", Nils reicht mir den Hörer hin: "Für dich."
"Für mich? Wer ist denn dran?"
"Tim? Gottseidank. Könnt ihr mich abholen? Ich bin in einer Telefonzelle
vor der Wohnung von Silvio. Mir geht es gar nicht so sehr gut."
"Was heißt denn das, gar nicht so sehr gut? Flo? Verdammt noch mal, was ist denn los?"
"Mir geht es einfach nicht gut und ich blute..."
"Du Scheiße, bleib wo du bist, wir kommen vorbei."
Ich legte auf. Ich erzählte Nils, was Flo gesagt hatte und wir düsten
los. Na toll, das war also unser gemeinsamer Abend. Woher wußte Flo
überhaupt, daß ich bei Nils war? Ok, wahrscheinlich hat er es erst bei
mir probiert und da ich nicht zu Hause war, hat er sich gedacht, daß ich
vielleicht bei Nils bin. Zum Glück weiß Nils, wo Silvio wohnt. Zehn
Minuten später waren wir da. Flo hockte neben der Telefonzelle, hielt
seinen Kopf fest. Seine Schläfe war blutig.
"Jeez, was hast du denn gemacht?"
"Ich habe gar nichts gemacht. So ein bekloppter Vollproll hat mir ein
Ding verpaßt und ich bin gegen einen Schrank geflogen. Und außerdem ist
Ina weg und ich bin besoffen."
"Ja, das merkt man."
Ich guckte Nils an, der zuckte mit den Schultern.
"Sollen wir dich in die Klinik bringen?"
"Ihr habt ja wohl ein Rad ab, ihr zwei. Bringt mich einfach nur nach Hause, dann ist schon gut."
Nils zuckte wieder mit den Schultern. Irgendwie war er keine große
Hilfe. Aber was sollten wir auch machen? Und so hakten wir Flo unter und
taperten mit ihm zu ihm nach Hause. Mir war überhaupt nicht wohl dabei,
als wir ihn da so ablieferten. Es war niemand da, wir legten ihn aufs
Bett und ich versucht, wenigstens ein bißchen von dem Blut abzuwaschen,
um zu gucken, wie groß die Wunde war. Zum Glück schien sie nicht
allzugroß zu sein. Vielleicht hatte er ja eine Gehirnerschütterung? Ich
fragte ihn noch mal, ob wir nicht vielleicht doch lieber einen Arzt
rufen sollen, aber er wurde richtig sauer und brüllte, daß das überhaupt
nicht in Frage kommt.
"Wir können ihn so nicht alleine lassen. Wenn er nun wirklich eine Gehirnerschütterung oder so was hat."
"Und was willst du machen? Du hast doch gehört, er will nicht, daß ein Arzt kommt."
"Dann laß uns wenigstens hier bleiben, bis jemand von seiner Family kommt."
Nils nickte: "Wird wohl besser sein."
Und so machten wir es uns, so gut es ging auf dem kleinen Sofa in Flos
Zimmer gemütlich und pennten irgendwann sogar ein. Um kurz vor fünf
wachte ich auf. Flo stand vor mir: "Wart ihr die ganze Nacht hier?"
"Muß ja wohl sein, oder denkst du, wir sind eben erst angekommen? Wie geht's dir?"
"Mir brummt der Kopf, aber sonst ist alles ok. Und das Ding hier", er
deutete auf seine Schläfe, "blutet auch nicht mehr. Aber sonst, alles
Scheiße, Ina war weg. Und dann war da dieser beknackte Typ und irgendwie
habe ich dich angerufen, oder Nils. Ich krieg das alles nicht mehr
richtig zusammen."
Nils wachte auf. Schlecht gelaunt. "Können wir jetzt gehen?"
"Ich denke schon."
"Danke", meinte Flo, als wir fast draußen waren. "Danke, Tim, du bist wirklich ein toller Kumpel."
Ja, vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Mir tut es leid, um den
schönen Abend, um die Nacht, die ich mit Nils hätte verbringen können.
Und jetzt tapern wir durch das noch nicht aufgewachte Bergbach. Uns ist
kalt. Irgendwann schauen wir uns an. Schütteln gleichzeitig den Kopf und
fangen an zu grinsen: "Schon verrückt alles."
Nils nickt: "Und wir auch."
Ich glaube er hat recht.
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