"Na Hauptsache, du hast dich gut erholt."
Gut erholt. Das klingt so nach Kur.
Zurück in Bergbach und seit der Landung in Stuttgart ist mir wieder so
als wenn ich in einer Art Gefängnis bin. So muß es sein, wenn man ein
Korsett trägt. Auf Korsika war alles frei, ich konnte durchatmen, ICH
fühlte mich frei. Hier ist alles wieder so eingeengt.
Der letzte Tag war schön, aber er ging viel zu schnell vorbei.
Irgendwann am Morgen wachten wir auf. Genau rechtzeitig zum
Sonnenaufgang. Wir haben kein Wort geredet. Saßen einfach nur da,
hielten uns fest und schauten zu, wie der rote Ball der Sonne langsam
aus dem Meer aufstieg. Dann sammelten wir unsere Sachen und die Reste
zusammen und taperten zurück zum Haus. Es war eine seltsame Stimmung.
Wir waren beide glücklich, aber wir merkten gleichzeitig, daß unser
gemeinsamer Urlaub jetzt vorbei war. Auf einmal schien Nebel
aufzuziehen, alles sah seltsam traurig aus. Ein letztes Mal zum
Frühstück getapert. Ein letztes Mal im Meer gebadet. Es war schön wie
immer, aber trotzdem anders. Wir redeten kaum und wußten doch, was der
andere dachte. Es war, als wenn diese Welt, unsere kleine Welt, in der
wir zwei Wochen so glücklich waren, stirbt. Sie stirbt, jede Sekunde,
jede Minute ein klein wenig mehr.
Der Bustransfer zum Flughafen, Check-In. Alles ganz automatisch. Nils
zittert wieder neben mir im Flieger. Ich halte seine Hand. Dann Landung
in Stuttgart. Wir liegen uns ein letztes Mal in den Armen, ein langer
Kuß. Scheiß drauf, was die anderen Passagiere denken. Ich habe einen
Kloß im Hals. In der Halle warten Dad und Lisa. Mom ist in Berlin. Die
Fahrt zurück ist voll mit Erzählen. Es geht ganz automatisch. Nils und
ich spielen uns die Bälle zu. Endlos die B29, die Kreisel-Baustelle,
alles so vertraut und trotzdem so weit weg. Halt vor Nils' Haus. "Wir
sehen uns." Nicken. Der Kloß im Hals läßt mich fast nicht atmen. Ich
sehe, wie er in der Tür verschwindet, sich noch mal kurz umdreht. Eine
Zehntelsekunde zwinkern seine Augen.
Zu Hause mit Mom und Phil telefoniert. Wenn er Glück hat, kann er
nächste Woche nach Stuttgart verlegt werden. Ich öffne das Fenster in
meinem Zimmer. Es ist so seltsam. Zwei Wochen war ich fast jede Minute
mit Nils zusammen. Auf einmal kommt mir mein Zimmer so groß und einsam
vor. Zwei Wochen war seine Stimme, sein Atmen, seine Geräusche um mich
herum. Und auf einmal bin ich allein und es ist alles plötzlich so
still. Ich drehe mich um, doch da ist kein Nils. Keine Veranda, auf der
er sitzt. Wir haben natürlich telefoniert. Die halbe Nacht haben wir
telefoniert. Doch das ist nicht dasselbe, als wenn er hier ist. Hier bei
mir.
Eben bin ich aufgewacht. Ganz automatisch habe ich nach seiner Hand
getastet. Aber da war er nicht. Kein Nils. Das "Rappel"-Schild auf
meinem Schreibtisch. 'Dann nimm es doch mit als Erinnerung' hatte er
gesagt. Ja, als Erinnerung an die schönste Zeit in meinem Leben!!!
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