"Ich frage mich wirklich, wofür ich noch koche", jammert Mom.
Sie hat ja recht, aber ich habe wirklich keinen Hunger. Ich will nichts
essen. Ich kippe literweise Eistee in mich rein. Dann sitze ich brav mit
der Family im Garten und spiele den perfekten Sohn und großen Bruder.
Schließlich schwinge ich mich auf mein Fahrrad und fahre los.
Irgendwohin. Nur nicht zum Kochertalweg. Irgendwo in die Gegend. Ich
stelle fest, daß ich die andere Seite von Bergbach noch überhaupt nicht
kenne. Alles ist neu und fremd. So wie ich. Ich gehöre nicht hierher.
Aber wohin gehöre ich? Ich gehöre nicht zu Nils, nicht mehr. Ich habe
alles kaputt gemacht. Erst die Sache mit Heiko und dann die Sache vom
Training. Kein Wunder, daß Nils Schluß gemacht hat. Ich bin ein
miserabler Freund gewesen. Aber wo, verdammt noch mal wo und wie sollte
ich denn das lernen? Was hatte er gesagt? 'Die Sache mit dem Schwulsein
ist schon schwierig genug.' Ja, er hat recht. Aber so geht es mir doch
auch. Woher soll ich denn wissen, wie man richtig reagiert? In den Arm
nehmen ja, nein, vielleicht, aber nicht wenn jemand dabei ist. Immer
alles gemeinsam machen, ja, nein, manchmal, wie denn?
Ich versuche, die Gedanken an Nils zu verscheuchen und schau mich um.
Komischerweise nehme ich alles, was sich so in der Natur um mich herum
abspielt glasklar wahr. Das alles ist da, ist auch noch da, auch wenn
ich nicht mehr hier stehe. Ist da, ob ich nun mit Nils zusammen bin oder
nicht. Langsam kommt es mir vor, als wenn ich anfange, die Welt zu
verstehen, so wie sie funktioniert. Plötzlich bekommt alles seinen Sinn,
seinen Platz.
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