"Ach, meldest du dich auch mal wieder?"
"Ja, äh, wieso?"
"Du hättest dich ja ruhig in der Zwischenzeit mal melden können."
"Ist doch nichts passiert."
"Vielleicht bei dir nicht. Aber Philipp ist immer noch in Berlin in der Klinik. Sie mußten ihn noch mal operieren."
"Ach du Scheiße! Und jetzt? Ich meine, wie geht es ihm?"
"Inzwischen wieder ganz gut."
"Was ist denn passiert?"
"Eine Infektion. Ich habe ja gleich gesagt, daß wir ihn zum UKE bringen, aber diese Deppen da in Berlin..."
Na toll. So richtig passend zum Urlaubsabschluß. Phil liegt immer noch
in der Klinik und Mom ist eingeschnappt, daß ich mich nicht jeden
zweiten Tag gemeldet habe. Ganz toll.
"Ist dir eigentlich klar", fragte ich Nils, "daß wir morgen Abend wieder zurück müssen?"
"Och Shit, stimmt ja. Ich will so gerne noch hier bleiben. Hier mit dir."
"Mir geht es genauso. Ich weiß gar nicht, wo die ganzen Tage hin sind. Warum haben wir nicht drei Wochen genommen?"
Wir haben beschlossen, heute Abend ein Lagerfeuer und ein Picknick am
Strand zu machen. Wir haben richtig groß in diesem kleinen Supermarché
eingekauft. Den Rest des Tages haben wir mit Gammeln und Schwimmen und
Training verbracht. Wir haben Tina und Jackie am Strand getroffen und
uns kurz mit ihnen unterhalten. Ich glaube, es war ihnen total peinlich,
wie sie sich gestern benommen haben. Sie haben jedenfalls so was gesagt
wie 'das alles nicht so ernst nehmen' und so.
Es ist schon seltsam. Hier, ganz weit weg von zu Hause, hier macht mir
das überhaupt nichts aus, daß ich schwul bin, mit Nils Hand in Hand
rumzulaufen, ihn richtig zu umarmen. Hier kennt mich niemand, hier ist
es mir total egal, was die anderen Leute denken. Und ich glaube, daß es
Nils genauso geht. Nils, mein Nils, ich liebe ihn und ich liebe ihn
sogar, wenn er wieder diesen verbissenen Trainingsblick in seinen Augen
hat. Gescheucht hat er mich, den Strand rauf und runter, Single Leg,
Double Leg, ich konnte wieder am Ende nicht mehr klar denken. Irgendwann
bin ich einfach liegengeblieben.
"Los, weiter!"
"Nein."
"Eine Runde noch, nur noch eine!"
"Das hast du vor fünf Runden auch schon gesagt. Ich bewege mich keine Stück mehr von hier, es sei denn zurück zum Haus."
"Schwache Leistung."
"Ich habe Urlaub, Ferien, noch ganze zwei Tage! Ich bin doch nicht in einem Straflager."
Er setzte sich neben mich und ließ Sand auf meine Brust rieseln.
"Tim, mein kleiner großer Ringer. Du bist wirklich gut geworden in dem Jahr."
"Danke."
"Nein, ich meine das ehrlich. Du bist richtig gut geworden. Nicht so gut
wie ich", er grinste, "aber so insgesamt. Deine Beinangriffe sind
richtig gut und auch sonst. Was dir nun noch fehlt, ist dieser
Kampfgeist."
"Das hatten wir doch schon mal."
"Ja ich weiß. Aber das kriegen wir schon noch hin bis Leipzig."
Ich schloß die Augen. Leipzig, Köln, Heiko. Das alles war so weit weg.
Die Welt war hier, hier und jetzt. Die Welt war Nils, der Strand, das
Meer. Etwas anderes brauche ich nicht.
Wir sind zurück zum Hause getapert, Nils ist unter der Dusche und gleich
gehen wir zurück zum Strand und machen unser Picknick. Ich freue mich
und trotz der Sache mit Phil geht es mir gut.
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