"Ich bin in einer schwulen Jugendgruppe in Köln."
Ich muß wohl wie ein Fisch mit offenem Mund dagestanden haben, denn
Heiko fragte, ob ich ihn verstanden hätte. Ich nickte nur noch. Das war
nicht fair. Das war absolut nicht fair. Da stand dieser Typ, dieser
absolut süße und niedliche Typ und erzählte mir, daß er in einer
schwulen Jugendgruppe wäre. Einfach so, als wäre es die natürlichste
Sache der Welt. Ich konnte das nicht glauben! Mein Hals wurde trocken,
ich konnte nichts sagen.
"Hast du etwa was gegen Schwule?" fragte er.
"Nein", brachte ich gerade noch hervor. Mehr schaffte ich nicht. Kein
"Ich bin auch schwul", kein "Und das hier ist mein Freund."
"Na, ich geh mal ein paar Frikadellen holen", sagte er und zottelte von
dannen. In meinem Kopf drehte sich alles und das lag nun wirklich nicht
am Bier. Wettkampffrei. Eine kleine Party im Vereinsheim. Fleischer
Schipple hatte Frikadellen und Würstchen spendiert. Das Bier tauchte wie
immer auf wundersame Weise auf. Schließlich kam Heiko zurück. Wir
redeten, wir redeten und redeten. Ich bekomme gar nicht mehr zusammen,
worüber wir alles geredet haben. Ab und zu warf ich einen Blick zu Nils.
Der zwinkerte mir zu und unterhielt sich weiter mit allen möglichen
Leuten. Jedenfalls war er nicht eifersüchtig. Und ich quatschte mit
Heiko. Zwischendurch trafen sich unsere Blicke und wir schauten uns
direkt in die Augen.
"Ziemlich warm und verraucht hier", sagte er nach einer Weile, "ich
verstehe gar nicht, wie Sportler zu viel qualmen können. Laß uns doch
ein bißchen raus gehen."
Ich nickte. Draußen war es angenehm. Ich sog
die frische Luft in meine Lungen. Ich versuchte einen Moment lang, das,
was passieren würde aus meinem Kopf zu verscheuchen. Nein, in dem
Augenblick, als wir uns in die Augen gesehen hatten und rausgingen war
alles eigentlich schon klar. Es war wie ein Film, von dem man schon
vorher genau weiß, wie er weitergeht. Und ich konnte nichts dagegen
machen, es passierte einfach. Ich spürte seinen Arm um meiner Hüfte,
mekrte, wie er mich zu sich zog, spürte seinen Körper, wie er sich an
meinen drückte. "Na, ist es das, was du willst?"
Verdammt, normalerweise wäre ich bei einem solchen Satz im Viereck
gesprungen, aber beim ihm, bei Heiko, schmolz ich nur dahin. Ich spürte
seinen Schwanz und ich merkte, wie seine Hand in meiner Hose verschwand.
Es ging schnell, so schnell, daß ich gar nicht mehr zusammenbekomme,
was eigentlich im Einzelnen passiert ist. Ich weiß nur noch, daß er
jedesmal, wenn ich ihn küssen wollte er den Kopf weggedreht hat. Und
dann explodierte ich. Es war einfach geil. Total außer Atem hing ich in
seinen Armen. Heiko lächelte mich an: "Alles ok?"
Ich brachte nur ein Nicken hervor.
"Na dann", sagte er grinsend und ging wieder in Richtung Vereinsheim.
Es dauerte eine Weile bis ich mich berappelt hatte. Was war passiert?
Was hatten wir gemacht? Was hatte ICH gemacht? Verdammt noch mal, was
ist los mit mir? Mein Kopf ist total in Unordnung. Ich bin immer noch
total aufgedreht, könnte wahrscheinlich stundenlang durch die Gegend
rennen und wäre immer noch munter. Ich schwebe. Das ist es. Ich schwebe
auf einer seltsamen Wolke. Als ich wieder reinkam saß Heiko mit den
anderen Jungs aus Köln zusammen. Er zwinkerte mir zu. Ich hatte Mühe,
mich zusammenzureissen. Ich guckte mich um, entdeckte Nils und setzte
mich zu ihm.
"Was ist denn mit dir los?" fragte er.
"Wieso?"
"Du strahlst ja so."
"Echt? Das liegt bestimmt am Bier." Ich kam mir so schäbig vor. Aber was um alles in der Welt sollte ich denn machen?
"Wollen wir ein bißchen ruasgehen? Hier drinnen krieg ich echt noch zu viel. Fehlt eigentlich nur noch Max, der rumkifft."
Ich nickte und plötzlich stand ich schon wieder draußen.
"Laß uns ein bißchen laufen, ok?" Ich wollte um alles in der Welt, daß
wir jetzt nicht auch noch anfingen hier rumzumachen. Wir gingen in
Richtung Römerpark. Irgendwann, ganz automatisch griff ich nach seiner
Hand. Ich drückte sie, drückte sie. Warm und weich. Ich drückte sie ganz
fest. Er ließ los, drehte sich zu mir und legte seine Arme um meine
Hüften: "Hey, was ist los mit dir?"
Ich schaute ihn an, blickte in seine Augen. Diese Augen, die immer noch
dieses Feuer versprühten, in die ich früher so oft eingetaucht war. Es
waren die gleichen Augen, der gleiche Blick. Nur ich, ich konnte nicht
mehr eintauchen. Plötzlich hatte ich Tränen in den Augen. Ich weiß nicht
mehr wieso. War es, weil ich mich schämte? War es, weil ich wirklich so
total woanders war? Ich drückte ihn ganz fest an mich. Ich wollte es
ihm sagen, in dieser Sekunde wollte ich es ihm sagen. Ich wollte ihn
nicht noch einmal belügen oder was verschwiegen, wie damals das mit
Maik. Er strich mir über den Kopf. Wie einem kleinen Kind und auf einmal
konnte ich nichts mehr sagen. Ich war wie ein kleines Kind. Ich ließ
mich von ihm festhalten während mir die Tränen über das Gesicht liefen.
Was ist das, was ist das um alles in der Welt nur für eine Sache, die
hier im Moment abgeht?
"Ich bin bei dir", flüsterte er ganz sanft in mein Ohr. "Ich bin immer bei dir, hörst du?"
Ich nickte. Was sollte ich tun. Ich konnte ihn nicht so vor den Kopf
stoßen und es ihm sagen. Ich konnte es nicht. Verdammt, ich bin so
feige!
Wir gingen in Richtung nach Hause. Arm in Arm. Plötzlich war uns alles
egal. Ob uns jemand sah. Es sah uns niemand. Zum Abschied sah mir Nils
lange in die Augen. "Ich weiß nicht, was mit dir ist", sagte er und
seine Stimme klang total sanft, "aber ich möchte daß du weißt, daß ich
da bin."
Statt einer Antwort drückte ich ihn ganz fest.
Jetzt sitze ich hier und in meinem Kopf ist eine riesige Unordnung.
Meine Gedanken kreisen die ganze Zeit nur noch um Heiko. Was ist denn
das, was mich an ihm so fesselt? Wenn ich ganz ehrlich bin, war der Sex
geil aber ich habe mit Nils schon viel geileren Sex gehabt. Ok, er sieht
niedlich aus, wirklich total süß. Aber das tut Nils doch auch. Wir
haben uns lange unterhalten, zusammen gelacht, uns total gut verstanden.
Aber verdammt, das ist doch alles das, was ich auch mit Nils habe. Was
ist es denn dann? Ich weiß es nicht.
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